Forschungszulagengesetz

Innovationen fördern

29. September 2022, 7:30 Uhr | Autor: Jan G. Steinhoff / Redaktion: Diana Künstler
© mintrau/123rf

Softwareentwicklung ist teuer. Größtenteils sind es Personalkosten. Was vielen dabei kaum bewusst ist: Seit 2020 können sie staatliche Zuschüsse zur Förderung ihrer Entwicklungsprojekte erhalten – dank des Forschungszulagengesetzes. Doch was müssen Firmen tun, um diesen Zuschuss zu erhalten?

Der Artikel liefert unter anderem Antworten auf folgende Fragen:

  • Was regelt das Forschungszulagengesetz (FZulG)?
  • Wer profitiert davon?
  • Wie kann man Förderung beantragen?
  • Was unterscheidet das FZulG von anderen Fördermöglichkeiten?
  • Wie läuft das Zulassungsverfahren ab?
  • Wie erfolgt die finanzielle Ausschüttung?
  • Was sind weitere Besonderheiten des Forschungszulagengesetzes?

Software definiert die Zukunft! So oder so ähnlich könnte der Titel vieler aktueller Trends in der IT lauten. Verfolgt man die Berichterstattung, so wird deutlich, dass die Softwareentwicklung der entscheidende Treiber von Innovation in der nahen Zukunft sein wird. Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern weltweit – und alle Branchen werden davon profitieren. Denn letztendlich stehen hinter Begriffen wie Automation, Big Data, Cyber Security, IoT, Künstliche Intelligenz (KI) und vielen anderen vor allen Dingen Innovationen durch Software.

Der Gesetzgeber hat mit dem „Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung“ – kurz Forschungszulagengesetz (FZulG) – in Deutschland eine Förderung ins Leben gerufen, die ganz allgemein dem Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) wie der Prozessentwicklung zugutekommen soll. Dazu gehört auch der Bereich der Softwareentwicklung. Die Definition dessen, was laut FZulG unter Innovation zu verstehen ist, umfasst ein sehr weites Spektrum. So kommen für eine Prüfung verschiedene Projekte in Betracht. Diese müssen jedoch der Zuordnung anhand der Definitionen des Frascati-Handbuchs 2015 der OECD entsprechen. Dazu gehören beispielsweise:

  • die Grundlagenforschung: Aneignung neuen Wissens ohne vordefinierten Zweck
  • die industrielle Forschung: anwendungsorientiertes, neues Wissen mit praktischem Zweck
  • sowie die experimentelle Entwicklung: systematisches Nutzen bereits existierender, fachspezifischer Kennnisse, um zusätzliches Wissen zu generieren und neue oder verbesserte Produkte/Dienstleistungen beziehungsweise Verfahren zu entwickeln

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Das Forschungszulagengesetz im Überblick

Was?
Das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (FZulG; BGBl I S. 2763) ist bereits zum 01. Januar 2020 in Kraft getreten. Das Gesetz ermöglicht die steuerliche Begünstigung von Forschungsausgaben von in Deutschland steuerpflichtigen Unternehmen – unabhängig von Größe, Rechtsform und Branche – und soll Anreize setzen, in Forschung und Entwicklung (FuE) zu investieren. Ziel ist es, den Investitionsstandort Deutschland zu stärken und die Forschungsaktivitäten insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen anzuregen.

Wer?
Anspruchsberechtigt sind alle in Deutschland steuerpflichtigen Unternehmen im Sinne des Einkommensteuer- und des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes erzielen – unabhängig von Größe, Rechtsform und Branche. Bei Mitunternehmerschaften nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes tritt an die Stelle des Steuerpflichtigen die Mitunternehmerschaft als Anspruchsberechtigter.

Wer nicht?
Nicht direkt förderfähig sind Hochschulen, Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Sie profitieren aber indirekt durch Auftragsforschung.

Was?
Begünstigt sind Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (FuE-Vorhaben), soweit sie einer oder mehreren der Kategorien Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung zuzuordnen sind. Bei der Zuordnung verschiedener Tätigkeiten zu den einzelnen Kategorien werden die Definition der Allgemeinen Gruppen­frei­stellungs­verordnung (AGVO) sowie Beispiele und Erläuterungen des Frascati-Handbuchs der OECD herangezogen.

Wie?
Das Antragsverfahren für die Gewährung der Forschungszulage ist zweistufig (siehe Grafik zuvor). Es unterteilt sich in die Beantragung der FuE-Bescheinigung bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) und den sich anschließenden Antrag auf Forschungszulage beim jeweils zuständigen Finanzamt. Unternehmen können ihre Anträge digital bei der BSFZ unter www.bescheinigung-forschungszulage.de stellen. Der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung kann sowohl für geplante als auch für laufende und abgeschlossene FuE-Vorhaben gestellt werden. Einzige Bedingung ist, dass die Arbeiten nach dem 1. Januar 2020 begonnen haben oder der Auftrag nach dem 1. Januar 2020 erteilt wurde. Die Beantragung und Ausstellung der Bescheinigung sind kostenfrei.

Wie viel?
Der förderfähige Gesamtbetrag pro Geschäftsjahr und Unternehmen ist auf 2 Millionen Euro begrenzt. Für Aufwendungen, die im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2020 und dem 30. Juni 2026 entstanden sind, wurde der Betrag im Rahmen des Corona-Konjunkturpaketes auf jährlich 4 Millionen Euro erhöht. Die Zulage besteht aus einem Zuschuss in Höhe von 25 Prozent der entstandenen förderbaren Kosten. Die maximale Höhe der Fördermittel beträgt daher eine Million Euro pro Geschäftsjahr. Die Forschungszulage wird auf die nächste Steuerfestsetzung angerechnet und ausgezahlt, soweit sie die festgesetzte Steuer übersteigt. (DK)

Hintergrund des Forschungszulagengesetzes

Im Gegensatz zu vielen anderen Möglichkeiten der Förderung gibt es beim FZulG einige Besonderheiten, die diese Option besonders attraktiv machen: Organisationen, die sich um eine Förderung bemühen, stehen nicht in einem Wettbewerb mit anderen Unternehmen, um einen Anteil aus einem gedeckelten Fördertopf zu bekommen. Das bedeutet konkret, dass das Finanzamt Ausgaben für F&E in Höhe von 25 Prozent der Personalkosten für Produkt- oder Prozessentwicklung plus Lohnnebenkosten fördern kann. Im Falle von Fremdaufträgen für F&E ist ein maximaler Förderanteil von 15 Prozent vorgesehen. Gerade der Bereich Softwareentwicklung hat in der Regel einen geringen Sachkostenanteil und einen hohen Anteil an Personalkosten. Daher ist dies für Unternehmen der immer stärker Software-getriebenen Industrie ein besonders interessanter Aspekt.

Auch wenn es bei der Forschungszulage keinen Fördertopf gibt, ist die Fördersumme pro Unternehmen(sgruppe) limitiert: Die Fördersumme beträgt hier maximal eine Million Euro pro Wirtschaftsjahr. Das heißt, dass alle Mutter- und Tochter-Gesellschaften mit einer Beteiligung von mehr als 50 Prozent einen zugeteilten Förderbetrag unter sich aufteilen müssen. Um in den Genuss der Förderung zu kommen, müssen Antragssteller jedoch so manches beachten.

Technische Analyse

Verfahren Bescheinigung Forschungslage
In einem zweistufigen Verfahren prüft die Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) zunächst, ob es sich bei dem Vorhaben um ein begünstigtes Forschungs- oder Entwicklungsvorhaben im Sinne des FZulG handelt. Mit einer positiven Bescheinigung der BSFZ, einem Grundlagenbescheid für die Finanzverwaltung, können die Unternehmen dann im zweiten Schritt beim zuständigen Finanzamt die Forschungszulage beantragen.
© BSFZ-Fyler, Januar 2021

Zunächst erfolgt eine technische Prüfung des Projekts. Dies erfordert vom Antragssteller eine sehr genaue Darstellung, warum es sich um eine Innovation gemäß der genannten Punkte handelt. Aus diesem Grund ist es wichtig, bei der Antragsstellung zu bedenken, dass die Prüfung hinsichtlich der Förderfähigkeit durch Technologie-Experten erfolgt. Es empfiehlt sich entsprechend, sich die Unterstützung von Experten zu sichern, um von deren Know-how in puncto Innovationsförderung zu profitieren. Dies ist umso bedeutsamer, da ein Antrag im Rahmen des FZulG lediglich 4.000 Zeichen – also etwas mehr als die halbe Länge dieses Artikels – umfassen darf.

Für die technische Prüfung ist zwar das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) verantwortlich, allerdings lässt dieses die eigentliche Prüfung von der Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) durchführen. Ist diese erfolgreich, bekommt das antragstellende Unternehmen ein Zertifikat, das als Nachweis der Innovation gilt und einen rechtlichen Anspruch auf Förderung garantiert.

Das Finanzamt

Hat das Unternehmen das Zertifikat nach der technischen Prüfung erhalten, erfolgt anschließend der Antrag auf finanzielle Förderung beim Finanzamt. Dieses kann die Förderfähigkeit des Projekts an sich nicht mehr infrage stellen. Allerdings wird die Höhe der zu bewilligenden Zulage geprüft. Folglich muss auch bei der Erstellung des Antrags mit Bedacht vorgegangen werden – und die Aufwände des Projekts sind präzise aufzuschlüsseln.

Im Rahmen des FZulG erfolgt keine direkte Auszahlung der Fördersumme. Stattdessen werden die Zuschüsse mit der Steuerlast der Unternehmensgruppe verrechnet. Dies lässt sich anhand einer Beispielrechnung am besten darstellen: Hat ein Unternehmen Anspruch auf eine Förderung in Höhe von 150.000 Euro und gleichzeitig eine Steuerlast von 250.000 Euro, werden diese Summen aufgerechnet. Das heißt, es muss lediglich die Differenz der Beträge, also in diesem Fall 100.000 Euro, an Steuern entrichtet werden. Würde die Unternehmensgruppe jedoch nur 50.000 Euro an Steuern zu bezahlen haben, sähe die Sache anders aus. In dieser Rechnung würde die Gruppe 100.000 Euro als Steuererstattung vom Finanzamt zurückbekommen. In diesem Fall würde also die Differenz steuerfrei ausgezahlt werden.

Nachträglich fördern

An dieser Stelle sei noch auf eine Besonderheit des Forschungszulagengesetzes hingewiesen: Der Antrag auf Förderung kann auch nach Abschluss eines Projekts eingereicht werden. Zudem gelten auch Projekte, die noch im Gange sind, als förderfähig. Das Gesetz ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Der darauffolgende Tag, also der 2. Januar 2020, ist hierbei der Stichtag.

Abschließend noch ein Hinweis: Selbstverständlich gehören auch die Fördermittel, die Unternehmen nach dem FZulG erhalten, zu den Mitteln, die bei einer Betriebsprüfung unter die Lupe genommen werden können. Daher ist es ist es unabdingbar, eine umfangreiche Dokumentation des Projekts durchzuführen. Dies hilft dabei, Missverständnisse zu vermeiden, die unter Umständen zu einer Rückzahlung der Förderung aus dem FZulG führen könnten. Diese Dokumentation muss den gesamten Prozess – von der internen Analyse der Innovation bis hin zu den Anträgen bei den Partnern des Forschungsministeriums und beim Finanzamt – beinhalten.

Auch hier ist zu empfehlen, diejenigen mit der Dokumentation zu beauftragen, die bereits für die ersten beiden Schritte verantwortlich waren. Angesichts der Komplexität der Antragsstellung können externe Berater einen Beitrag leisten, um die Gewährung der Forschungsförderung sicherzustellen. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass eine einheitliche und qualifizierte Dokumentation von A bis Z erfolgt. Dies wiederum trägt dazu bei, dass eine Betriebsprüfung hinsichtlich der Fördermittel keine ungewünschten Folgen nach sich zieht. Denn für Unternehmen ist es wichtiger denn je, in Forschung und Entwicklung investieren zu können, um innovativ zu sein. Das Forschungszulagengesetz trägt dieser Notwendigkeit Rechnung.

Jan G. Steinhoff, Senior Business Development Manager, Ayming Deutschland


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