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Konsolidierte ­Leistungsverrechnung

Konsolidierte ­Leistungsverrechnung Das verursachergerechte Abrechnen von IT-Services ist alles andere als ­trivial und ein fortlaufender Prozess. Das hat die Allianz spätestens seit dem Kauf der Dresdner Bank erfahren. In diesem Monat migriert der IT-Dienstleister des Konzerns auf eine neue, javabasierte Plattform.

Autor:Markus Bereszewski • 15.11.2006 • ca. 3:45 Min

Durch den Zusam­menschluss der IT-Gesellschaften der Allianz und der Dresdner Bank im Jahr 2003 entstand mit der AGIS eines der europaweit größten IT-Systemhäuser im Finanzdienstleistungssektor. Umfangreiche Host- und Client-/Server-Kapazitäten werden für die Kunden vorgehalten und betreut: 118000 Desktop-Systeme, 6000 Server, 180 Terrabyte Plattenspeicher oder 800 Millionen Druckseiten – um nur einige Zahlen zu nennen. Da beide IT-Unternehmen separat seit vielen Jahren eine verursachergerechten IT-Leistungsverrechnung implementiert hatten stellte sich auch die Frage, wie eine gemeinsame Lösung herbeigeführt werden könnte. Die Ausgangssituation: Bei der Dresdner Bank wurde bis Mitte der 90er Jahre eine allgemeine IT-Kostenverteilung anhand von Durchschnittswerten durchgeführt, die auf der Zahl der Mitarbeiter oder dem jährlichen Budget basierte. Es existierte lediglich eine geringe Anzahl von definierten Leistungsarten. Ein spezielles Verrechnungswerkzeug gab es nicht. 1997/98 wurde im Projekt IPLUS (Integrierte Planung und Steuerung) ein Konzept für eine verbesserte und insbesondere verursachergerechte bankinterne Leistungsverrechnung der IT-Infrastruktur entwickelt. Nach der Evaluierung geeigneter Werkzeuge entschied sich die Bank 1999 für ValueControl von USU. Die Bank setzte das System im Großrechner-Umfeld ein. Dabei waren umfangreiche Informationen aus 18 verschiedenen Datenquellen im Zugriff, insbesondere die klassischen Mainframe-Anwendungen oder Asset Management Systeme. Im Einzelnen wurden zentrale Druckleistungen, Batches, das Storage-Management, der UHD oder Projektstunden verrechnet. Mit der Ausgliederung der IT in das Geschäftsfeld DREGIS und der Erwartung, als eigenes Profit Center zu agieren, war eine Neudefinition und Strukturierung des IT-Serviceangebots und der anschließenden verursachergerechten Verrechnung durch DREGIS notwendig geworden. Zusätzlich zu den schon vorhandenen Leistungsdefinitionen wurden über eine Multi-Schnittstelle die Leistungen von etwa 1700 Servern anhand von Anwendungsprofilen zugeordnet. Weitere Leistungen aus dem Netzwerk- und Client/Server-Bereich sowie auftragsbezogene Leistungen insbesondere aus dem UNIX-Bereich wurden in das Leistungsspektrum integriert. Auf dieser Basis entstanden gut 100 Leistungsarten mit definierten Preisen. Die Kontinuität der Leistungsverrechnung für die Bank wurde gewahrt, indem ein zweiter Mandant speziell für die DREGIS-Leistungsverrechnung eingerichtet wurde, der aber systemseitig zunächst noch von der Bank betreut wurde und ab 2001 mit allen Verantwortlichkeiten und Pflichten komplett zu DREGIS überging.

Zieldefinition
Auch die AGIS analysierte im Rahmen einer Vorstudie im Sommer 1998 die Bedarfe und definierte entsprechende Ziele. Es galt unter anderem einheitliche Dienstleistungsprodukte zu paketieren, einheitliche Verfahren für die Kalkulation der AGIS-Preise zu erarbeiten oder Schnittstellen zu den bestehenden Leistungsverrechnungsverfahren der Kunden zu schaffen. Dabei war eine Reihe wichtiger Faktoren stets zu berücksichtigen: Wirtschaftlichkeit, gute Handhabung, Transparenz, Revisionssicherheit, Flexibilität, Verursachergerechtigkeit sowie Plan- und Beeinflussbarkeit. Bei der späteren Konsolidierung half der Umstand, dass sich auch AGIS für ValueControl zur IT-Leistungsverrechnung entschieden hat. Im November 1998 startete das Projekt mit der Entwicklung und Umsetzung einer konzernweit einheitlichen Leistungsverrechnung. »Selbst mit der Erfahrung aus über 60 Projekten, war die komplexe Verrechnung der Leistungen bei der AGIS eine Herausforderung für uns«, resümiert USU-Projektleiter Wolfgang Müller rückblickend. Es galt, ein Verfahren zu implementieren, das Altlösungen integriert und Verrechnungsverfahren transparent und flexibel für zukünftige Anforderungen gestaltet. Hierfür wurde anhand des praxiserprobten IT-Abrechnungsmodells ein Konzept erarbeitet und mit der IT-Leistungsverrechnung umgesetzt. Umfangreiche Leistungsarten-Kataloge wurden für die Bereiche IT (Server-, PC-Kosten- und Service-Pauschalen), Telefon (Anschlüsse, Modelle und Funktionen sowie Gesprächsgebühren), Mainframe (CPU-Verbrauch, Platten- beziehungsweise Kassettenplatz, Druckseiten in verschiedenen Ausführungen, Porti etcetera) und Services (Projektunterstützung, Schulungen) entwickelt. Sie bilden die Grundlage für die Leistungsverrechnung an die Kunden und stellen die abgerechneten Mengeneinheiten für die Preisermittlung und die Kostenverteilung auf die Produkte bereit. Nach der Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz im Frühjahr 2001 ergab sich die Herausforderung, die Leistungsverrechnung der IT-Töchter AGIS und DREGIS zu konsolidieren. Hierfür wurde ein zweistufiges Projekt in 2002 aufgesetzt. Man strebte eine Harmonisierung der verschiedenen Einsatzszenarien und die sukzessive Integration in eine einzige Anwendung mit einer DB2-Datenbank an. Zuvor musste man die wichtigsten Kriterien, wie etwa das gemeinsame Rollenmodell und Berechtigungskonzept definieren, die auf beiden Seiten bestehenden Leistungskataloge zusammenführen sowie einen einheitlichen Leistungsverrechnungs-Prozess festlegen. Eine zusätzliche DB2-Datenbank und Batch-Komponenten wurden eingerichtet. Nach einer Anpassungs- und Testphase wurde das erste Etappenziel einer gemeinsamen IT-Leistungsverrechnung Anfang 2003 mit der Einführung der vollen Funktionalität erreicht. Die Anwendung lief seitdem im parallelen Betrieb.

Hoher Stellenwert
Die Stufe 2 des Projekts zielte dann darauf ab, ab dem Verrechnungsjahr 2004 auf Basis einer gemeinsamen Tabellenstruktur und gemeinsamer Debitorenschlüssel die Leistungsverrechnung konzernweit einheitlich und en detail zu verrechnen. Dabei wird der Leistungsartenkatalog auf die durch SAP-SD generierten Materialnummern umgestellt. Die AGIS führt in den Vorsystemen auch kundenrelevante Informationen (etwa die Kunden-Kostenstelle) mit, die in die Anwendung übernommen werden. Dadurch können den Kunden Schnittstellensätze für deren Buchhaltungs- und Kostenverteilungssysteme zur Verfügung gestellt werden. Dies verhindert unterschiedliche Daten in den Kunden- und AGIS-Systemen und reduziert den Aufwand durch einen vollständig maschinellen Prozess. Die Allianz Dresdner Informationssysteme verrechnet heute die ganze Palette ihrer IT-Services an die Kunden. Wurden bis Mitte der 90er Jahre die IT-Kosten und -Leistungen noch weniger differenziert gesehen, genießt die verursachergerechte und revisionssichere Verrechnung dieser IT-Produkte und -Services heute einen sehr hohen Stellenwert im Konzern. Kein Wunder also, dass ständig an der weiteren Verbesserung der Abrechnungsprozesse gearbeitet wird. So will AGIS noch in diesem Monat auf die javabasierte Produktplattform Valuemation migrieren, um die volle Funktionalität auch über das Web zu ermöglichen.