Rechtssicherheit & WLAN

Störerhaftung reloaded

15. September 2015, 13:31 Uhr | Diana Künstler

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Theorie und Praxis

Die Maßnahmen sind grundsätzlich so angelegt, dass der Betreiber, sofern er den Vorgaben genügt, auch nicht in der Haftung steht. Doch ergeben sich daraus auch Problemstellungen. "Die Formulierungen im Gesetz sind nicht eindeutig und sie gehen am technischen Stand vorbei", sagt Michael Himmels, Vice President Business Solutions bei Devolo. Seiner Meinung nach ist eine Überarbeitung angebracht. Auch bliebe im Falle einer deutlichen Verbesserung ein weiterer Punkt offen: der Rechtsverstoß als solches, und damit auch dessen Strafverfolgung. "Dies bedeutet, dass im Fall von Rechtsverstößen die Ermittlungsbehörden tätig werden und sich ein Betreiber oder Anbieter von offenem WLAN in einem Ermittlungsverfahren involviert sieht", so Himmels. "Hier kommen nun beide Effekte zusammen. Der Betreiber soll von der Haftung befreit sein, wenn er alle relevanten Vorkehrungen getroffen hat. Aber wird das Gesetz in seinem Sinne ausgelegt? Selbst im Falle eines schnellen Freispruchs, bleiben doch der Ärger und die Verunsicherung beim Betreiber hängen. Wer ist schon gerne in ein Ermittlungsverfahren involviert?" Himmels rät daher zu einem Ansatz, bei dem der Hotspot zu einem Provider getunnelt wird und erst dort ins offene Netz geht.

Aus Sicht des Bitkom ist es zudem mehr als fraglich, ob der aktualisierte Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der sogenannten Störerhaftung eine stärkere WLAN-Nutzung im öffentlichen Raum zur Folge haben wird. Das eingangs erwähnte Nischendasein wird, will man dem Branchenverband Glauben schenken, also nicht so schnell verschwinden.

Auch von Seiten der Freifunker, einer nicht-kommerziellen Initiative, die sich dem Aufbau und Betrieb eines freien Funknetzes widmet, gibt es Einwände. Da noch "angemessene Sicherungsmaßnahmen" verlangt werden, um nicht auf Beseitigung oder Unterlassung in Anspruch genommen werden zu können, ist nach Ansicht der Freifunker der Entwurf "kein wirklicher Fortschritt". Dies liegt daran, dass es für die Freifunker keinen "unberechtigten Zugriff" auf offene WLAN-Netze gibt und daher Sicherungsmaßnahmen, wie sie die Gesetzesbegründung nennt, überflüssig seien. In dem Entwurf heißt es dazu nun: "Die jeweils angemessene Sicherungsmaßnahme kann im Sinne der gebotenen Technologieneutralität der Betreiber selbst bestimmen. Hierfür kommt insbesondere die Verschlüsselung des Routers in Betracht, die vielfach bereits vom Hersteller vorgesehen ist, wie gegenwärtig in Form des WPA2-Standards. Möglich wäre aber auch eine freiwillige Registrierung der Nutzer." Zudem soll der Zugang zum Internet nur solchen Nutzern gewährt werden, die erklärt haben, "im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu begehen".

Wirklich zufrieden mit dem neuen Entwurf dürften laut Web-Portal Golem nur solche Anbieter sein, die bereits eines der beiden Verfahren zur Sicherung ihres WLAN-Netzwerkes einsetzen. Große Anbieter wie Kabel Deutschland, die in vielen Städten frei zugängliches öffentliches WLAN anbieten, stünden aber vor der Entscheidung, ihr Angebot entweder zu verschlüsseln oder vom Nutzer zusätzlich zu der Akzeptanz der Nutzungsbedingungen eine Registrierung zu verlangen. Während der etwa dreimonatigen Prüfungsdauer darf das Gesetz nicht in Kraft treten. Im Laufe des anstehenden Gesetzgebungsverfahrens kann der Entwurf jedoch noch vom Bundestag modifiziert werden.

(Stand: Ende August 2015)

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