Die Umsetzung der unternehmenseigenen Digitalisierungsstrategie ist komplex, beispielsweise bei der Gestaltung der Edge-Logik in Geräten, Maschinen und Anlagen. Ebenso herausfordernd ist die optimale Monetarisierung dieser Transformation mittels agiler Subscription-Modelle.
Der Artikel beantwortet unter anderem folgende Fragen:
Geschäftsmodelle auf Basis agiler Abonnements wachsen Studien zufolge fast fünf Mal schneller als der übrige Markt. Die sogenannte „Subscription Economy“ gewinnt in allen Branchen rasant an Bedeutung – ganz gleich ob im B2B- oder B2C-Geschäft – B2H-Geschäft heißt das Schlüsselwort: Der Mensch (Human) und seine Bedürfnisse stehen im Zentrum, egal ob im privaten oder geschäftlichen Rahmen.
In Deutschland lähmt die „German Angst“ das hiesige Innovationspotenzial. Internationale Wettbewerber sind da schon weiter: Sie installieren Cloud-gehostete Subscription-Management-Plattformen, KI-Analytik-Tools und Business-Intelligence (BI)-Lösungen und erzielen hohe Wachstumsraten, wie der Zuora Subscription Economy Index zeigt. Der Nutzen agiler und skalierbarer Business-IT ist also evident. Gleichzeitig ist die Angst, Daten nicht mehr „on-premises“ hosten zu können, unbegründet: Höchstrichterliche Urteile bestätigen, dass selbst deutsche Behörden US-Clouds nutzen dürfen – wenn die Daten in Deutschland verarbeitet werden. Ein Paradigmenwechsel tut also Not, sonst gehört man schnell selbst zu den Dinosauriern, die den digitalen Wandel nur beäugen, statt aktiv voranzutreiben.
Die Digitale Transformation stellt ein Unternehmen komplett auf den Kopf. Anfangen muss dieser Prozess jedoch ganz oben, bevor er top-down Schritt für Schritt das gesamte Unternehmen durchdringen kann. CDOs sind die neuen CEOs. |
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Agile Geschäftsbeziehungen sind heute äußerst wichtig, Stichwort Logistik- und Lieferkettenprobleme, Rohstoff- und Energiekrise, Inflation und Klimawandel. Für Kunden wäre es zum Beispiel attraktiv, Produkte nicht mehr kaufen zu müssen, sondern nur für deren Nutzung zu zahlen. Das senkt die Anschaffungskosten (CAPEX) und wandelt sie zu variablen Betriebskosten (OPEX) um. Mit dem zusätzlichen Kapital können Innovationen vorangetrieben werden. Volle Auftragsbücher lähmen Unternehmen jedoch, neue Wege zu beschreiten. Warum auch, wenn man bereits der aktuellen Nachfrage nicht nachkommen kann? Zudem fehlt oft die nötige Management-Attention zur Implementierung einer nachhaltigen, agilen und skalierbaren Digitalisierungsstrategie.
Ein gravierendes Missverständnis: Die Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells ist kein nettes Add-on. Auch geht es nicht um schön anzusehende Apps. Im Gegenteil: Die Digitale Transformation umfasst die gesamte Art und Weise, wie Unternehmen ihre Waren und Dienstleistungen zukünftig entwickeln, produzieren, vermarkten, finanzieren und den Informationsfluss hierüber auswerten und steuern. Doch wie funktioniert das? Die Abwehrhaltung gegenüber Cloud-basierten Digitalisierungsstrategien erinnert an die Attitüde deutscher Unternehmen in den 2010er Jahren. Viele IT-Verantwortliche meinten, dass man sämtliche Software und IT „on-premises“ vorhalten müsse. Diese Zurückhaltung spürten auch Cloud-Vorreiter wie Adobe. Zu Beginn kämpfte das Unternehmen mit massiven Umsatzrück-gängen. Das hat sich gründlich geändert. Im zweiten Quartal 2022 erlöste Adobe 4,4 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: 2008 waren es 3,5 Milliarden US-Dollar im Jahr.
Heute gehört die Cloud zum Standard-Tool und es scheint unverständlich, warum viele Verantwortliche so lange zögerten. Die Argumente klingen damals wie heute ähnlich: Sie reichen von „Das haben wir noch nie gemacht“ über „Das können wir alles selbst managen“ bis hin zu „Wir warten, bis unser ERP-Anbieter ein entsprechendes Modul hat“. Das Beispiel Volkswagen zeigt, wie riskant das sein kann. Die verspätete Fertigstellung der von der Tochtergesellschaft Cariad entwickelten Softwarearchitekturen führt wohl zu Mehrkosten in Milliardenhöhe.
Auch große Unternehmen fahren oftmals eine unzusammenhängende und letztlich erfolglose Digitalisierungsstrategie, produzieren massive Verluste und gefährden so die eigene Zukunftsfähigkeit. Laut einer McKinsey-Studie schließen lediglich 16 Prozent aller Unternehmen ihre Digitalisierungsprojekte erfolgreich ab. Der gefährliche Hang, eigene Lösungen entwickeln zu wollen, wirft Unternehmen oft um Jahre zurück. Eine Studie des Branchenverbandes Bitkom von Anfang 2022 zeigt, dass zwar 83 Prozent der befragten Unternehmen über eine Digitalisierungsstrategie verfügen. Allerdings ging der Anteil derjenigen Unternehmen, die auf eine ganzheitliche Digitalisierungsstrategie setzen, seit 2020 dennoch leicht zurück, obwohl 95 Prozent sie als Chance betrachten.
Eine neue Unternehmenskultur tut also Not: Nicht mehr das Produkt steht im Mittelpunkt, sondern der Abonnent. Lineare Prozessstrukturen in Entwicklung, Fertigung, Vertrieb und Adminis-tration und die One-fits-all-Strategie sind passé. Vielmehr gruppieren sich diese Bereiche in einer 360-Grad-Sicht um die Bedürfnisse des Kunden herum. Aus diesen „As-a-Service“-Leistungen resultieren wiederkehrende Einnahmen (Recurring Revenues), die besser prognostizier- und planbar sind. Das erhöht die finanzielle Stabilität des Unternehmens.
Die Kontinuität der Einnahmen, gepaart mit einem langfristig laufenden Subskriptionsmodell, ermöglicht es, zusätzliche Services zu monetarisieren, beispielsweise im Maintenance-Bereich. Gelingen kann dies jedoch nur, wenn die lineare IT-Struktur aufgebrochen wird. Der Order-to-Revenue-Prozess gehört somit auf den Prüfstand. Die starre Struktur vom unternehmenseigenen CRM-System über die Erfüllung des Auftrags bis hin zur Abrechnung mit dem ERP-System löst sich im Rahmen der Subscription Economy auf. An deren Stelle tritt eine Art „Middle Office“ zur Administration der dynamischen und agilen Subscription-Prozesse in Form einer Subscription-Management-Software. Kernpunkte sind die exakte Verbrauchserfassung und Compliance-gerechte Abrechnung sowie Datenanalysen. Diese hochpräzise Form der Business Intelligence bietet die Möglichkeit, von Anfang an eine steile Lernkurve zu absolvieren, denn bei Fehlentwicklungen kann hiermit schnell gegengesteuert werden. Diese neue Quelle der Erkenntnis ermöglicht eine perfekte Orchestrierung des Angebots.
Für diesen Prozess bedarf es laut Investor und Gründer Fabian J. Fischer eines neuen Mindsets: Fischer zufolge seien zukünftig CEOs gefragt, die zuvor „tiefgreifende praktische Erfahrung direkt aus dem Maschinenraum digitaler Geschäftsmodelle“ mitbringen. Im Ergebnis bedeutet dies: CDOs sind die neuen CEOs. Auch wenn diese These etwas zugespitzt erscheint – im Kern hat Fischer recht: Die Digitale Transformation stellt ein Unternehmen komplett auf den Kopf. Anfangen muss dieser Prozess jedoch ganz oben, bevor er top-down Schritt für Schritt das gesamte Unternehmen durchdringen kann. Dennoch heißt es „Starten statt Warten“. Unternehmen sollten mit kleinen, sofort umsetzbaren Projekten auf den Markt gehen und daran denken: 30 bis 40 Prozent der aktuellen DAX-Titel könnten in den kommenden fünf
Jahren verschwinden. Will man dazugehören?
Veit Brücker ist Vice President Central Europe bei Zuora