CRN: Betrachtet man die letzten Quartale im Storage-Markt, sieht man, dass der kleine Aufschwung von vor gut einem Jahr wieder vorbei ist. Die Speicherkapazitäten steigen weiter schnell an, aber die Umsätze stagnieren – das bedeutet sinkende Preise und Margen. Wie kann man im Geschäft mit Storage-Systemen als Systemhaus noch Geld verdienen?
Winterfeldt: 60 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts werden im Jahr 2022 über digitale Technologien erwirtschaftet Das Datenvolumen wird weiterhin exponentiell wachsen und IDC prognostiziert 163 Zettabytes bis 2025. In der Konsequenz werden auch fast alle Unternehmen weiter in ihren digitalen Umbau investieren. Diese Mittel fließen sowohl ins eigene Rechenzentrum als auch an Public Cloud Provider. Die Investitionen in Storage wachsen im unteren einstelligen Prozentbereich und werden auch weiterhin moderat steigen. Dennoch ist dieser Markt stark umkämpft, und wir erwarten in der nächsten Zeit eine Konsolidierung.
Als Storage-Systemhaus sollte man auf starke Partner setzen, die ein ganzheitliches Portfolio anbieten. Kunden werden Ihre Entscheidungen zukünftig nicht nur auf Storage fokussieren. Zwar landen viele Workloads weiterhin auf On-Premises-Storage, jedoch ist dieser verstärkt als Teil einer übergeordneten Hybrid-Cloud-Strategie zu verstehen. Darin sind sie kombiniert mit anderen Landing Zones wie zum Beispiel einer HCI-Architektur, die vollständig auf SAN-Storage verzichtet, oder Off-Premises-Ressourcen. Deshalb muss das Storage-Systemhaus über die Grenzen von Storage hinaus denken, genau wie unsere Kunden über die Grenzen ihres eigenen Rechenzentrums hinaus denken.
CRN: Zuletzt flaute der Flash-Boom laut Marktforschern etwas ab, diskbasierte Systeme erlebten ein kleines Revival. Auch bei Ihnen?
Winterfeldt: Wir sehen weiterhin einen ungebrochenen Boom im Flash-Bereich. Datenreduktions-Services wie Deduplizierung und Kompression haben wir in unseren Arrays konsequent weiterentwickelt. Dadurch sind Flash-Systeme in Verbindung mit diesen Services diskbasierten Systemen inzwischen wirtschaftlich eindeutig überlegen und ein Grund für den Flash-Boom. Unsere neuen High-End-Systeme liefern wir ausschließlich als All-Flash aus.
Ebenso setzt sich NVMe als Protokoll weiter durch. Das ermöglicht bei einer End-to-End-Implementierung, also vom Server über das SAN (over NVMe) bis in das Storage Array zum Medium, einen deutlich schnelleren Datenzugriff als über den bisherigen SCSI-Standard. Das ergibt aber nur dann wirklich Sinn, wenn das Storage Array auch entsprechende NVMe-Medien, also Storage Class Memory (SCM), nutzen kann.
SCM-Medien sind derzeit noch sehr teuer im Vergleich zu Flash-Medien – ähnlich dem Preisunterschied, den wir vor einigen Jahren zwischen HDDs und SSDs gesehen haben. Um diese NVMe-Technologie wirtschaftlich einsetzen zu können, ist es sinnvoll, auch hier auf Storage Arrays zu setzen, die SCM- und SSD-Medien intelligent tieren können. Weil nur etwa fünf Prozent der Daten 90 Prozent der Performance benötigen, werden diese fünf Prozent vom Storage Array intelligent auf die SCM-Medien verschoben.
CRN: Ganz allgemein gefragt: Welche Themen treiben derzeit die Nachfrage nach Storage-Lösungen am stärksten an? Welche Storage-Lösungen verkaufen sich besonders gut?
Winterfeldt: Wie bereits beschrieben treibt der Digitalisierungsdruck den Storage-Bedarf. In die Jahre gekommene Storage Arrays werden nicht nur durch aktuelle Modelle ersetzt. Vielmehr muss das neue Storage Array auch die Anforderungen an eine automatisierte, hybride Cloud-ready-Infrastruktur erfüllen. Wir sehen, dass reine Storage-Silos abnehmen. Workloads bestimmen IT-Services und damit auch die Landing Zones. Das kann weiterhin ein vom Kunden selbst entwickelter, aufgebauter und gewarteter IT-Stack aus Server, Netzwerk und Storage sein. Viele Kunden denken und investieren aber auch zunehmend in standardisierte IT-Stacks, also (Hyper-)Converged- bzw. Integrated-Infrastruktur. Das reduziert Betriebskosten, Reaktionszeiten und Komplexität und erhöht gleichzeitig die Flexibilität, Geschwindigkeit und Standardisierung. High-End- und Mainframe-Workloads werden weiterhin auf Multi Controller Storage Arrays on Premises betrieben, während geschäftskritische und „Multi-purpose Workloads“ auf Midrange Arrays laufen. Das Wachstum an Applikationen und Daten wird weitestgehend auf Midrange Storage Arrays und immer mehr auch auf Hyper-Converged-2-Tier-Umgebungen abgebildet. Es gibt keine Lösung, die alle Anforderungen erfüllt. Deshalb sollten Partner, die weiterhin erfolgreich im Storage-Geschäft bleiben wollen, diese Klaviatur beherrschen.
Zusammengefasst sehen wir stabile, leicht wachsende Umsätze im High-End-Sektor, ein stärkeres Wachstum im Midrange-Segment und ein sehr starkes Wachstum im HCI-Bereich.
CRN: Wo sehen sie die größten Herausforderungen für den Channel im Storage-Bereich?
Winterfeldt: Die Welt im Datacenter wird komplexer und schneller. Mehr Applikationen und Daten erfordern neue Operating-Modelle. Eine Positionierung mit klassischen Storage-Silos kann nach wie vor zum Erfolg führen, birgt aber Risiken. Unter Zeit-, Kosten- oder Performance-Druck werden Kunden keine Lösung aus dem Storage-Silo erwarten, sondern schnelle Hilfe in der Public-Cloud suchen. Etabliert man jedoch zusammen mit starken Partnern ein Cloud Operating Model, das bestehende und neue Anforderungen aus dem eigenen Datacenter heraus bedienen kann, ist man Teil der Lösung. Storage wird weiterhin benötigt, aber erst ein breites Vendor Cloud Portfolio ermöglicht es Partnern, im Datacenter mit Storage relevant zu bleiben.