Zusätzlich gewinnt die Möglichkeit der Fernspeisung an praktischer Bedeutung. Fernspeisung steht für die gleichzeitige Übertragung von Versorgungsspannungen für kleinere Verbraucher wie Sensoren, Aktoren oder Kameras über das gleiche Netz. Dies ist oft als Remote Powering oder in Verbindung mit Ethernet als PoE (Power over Ethernet) beziehungsweise PoDL (Power over Data Line) bei Single Pair Ethernet gekennzeichnet.
Diese Technik sichert eine stabile Spannungsversorgung für Geräte, weitestgehend unabhängig vom 230V-Netz oder sonst notwendigen Batterien oder Akkus. Die Ausweitung der IT-Netze auf IoT-nahe Anwendungen rückt also neue Aspekte mit in den Fokus. Die gute Nachricht ist, dass dieser Prozess normativ sehr gut begleitet ist. Von der IT-Seite erfolgt dies durch die ISO/IEC 11801-Reihe („Information technology – Generic cabling for customer premises“) und von der IIoT Seite durch die IEC 61918 („Industrial communication networks - Installation of communication networks in industrial premises“).
Eine durchgehende Infrastruktur, einheitliche TCP/IP-Kommunikation auf Ethernet-Basis und effiziente Administration bergen Risiken. Netze vor Angriffen von innen und von außen zu schützen, kostet viel Geld und bindet IT-Fachleute. Es ist also wichtig, die IT-Sicherheitskonzepte mit den sich verändernden Netzwerkinfrastrukturen und ihren Anforderungen mitwachsen zu lassen. Die Segmentierung als einfaches Instrument hilft dabei. Einheitliche IT-Infrastruktur heißt nicht Wildwuchs oder blindes Zusammenkoppeln. Kluge, von den jeweiligen Anwendungen und Standorten getriebene Netzwerksegmentierung hilft. Dabei sind die einzelnen Netzwerksegmente über Sicherheits-Gates verbunden und lassen sich so im Ernstfall schnell isolieren. Die Sicherheitskonzepte der Automatisierer kann man somit gut mit den Firewalls und Sicherheitskonzepten der IT abstimmen und optimieren.
Wie die Kombination von IT-Verkabelung und Industrieverkabelung aussehen kann, ist in der ISO/IEC 11801-3 Ed.1.1 aus dem April 2021 umfassend dargestellt. Zur Anbindung von IoT-Netzwerken an bestehende IT-Netzwerkinfrastruktur bietet sich SPE (Single Pair Ethernet) an, das nur eine Doppelader zur Datenübertragung benötigt, bis zu 1.000 Meter ohne Zwischenverstärker überbrücken kann und auf Basis der IEEE-802.3-Spezifikationen weitestgehend kompatibel zu bestehenden Ethernet-Landschaften ist. Innerhalb von IoT-Netzen zum Beispiel in Automatisierungsinseln oder Fertigungszellen bieten sich pure SPE-Netze an, die Gewicht und Platz sparen können. Diese Art der Verkabelungen ist in der neuen IEC 61918 Ed.4 AMD1 beschrieben
So wie in den 1990er Jahren Daten und Telefonie zusammengewachsen sind, stehen wir heute vor der Herausforderung, gewachsene IT-Infrastrukturen mit IoT-Anwendungen zu verbinden. Barrierefreie Kommunikation zwischen IT- und Automatisierungsfachleuten hilft dabei enorm.
Rainer Schmidt ist Busines Development Manager bei Harting.