funkschau: Da besonders IT-Kräfte für Arbeitgeber schwer zu erreichen sind, geraten Personaler zunehmend unter Druck, proaktiv auf die Suche nach geeigneten Kandidaten zu gehen. Warum scheitern Personaler bei der Suche nach geeigneten IT-lern so häufig?
Zöller: IT-Fachkräfte stehen heute vor der Qual der Wahl, denn im Zeitalter der Digitalisierung sind sie gefragter denn je. Unternehmen müssen schon einiges bieten und den Vorstellungen und Wünschen der potenziellen Kandidaten entgegenkommen. Was bietet das eigene Unternehmen, was die anderen Unternehmen nicht bieten? Sind hier keine Argumente vorhanden, ist es höchste Zeit, neue Vorteile zu kreieren. Zudem werden Bewerber selbstbewusster: Sie lesen sich nicht mehr jede Stellenanzeige durch, sondern erstellen eigene Profile, um zu zeigen, was sie anzubieten haben. Unternehmen müssen diese Profile finden und prüfen – oder Tools nutzen, die das für sie erledigen. Unternehmen müssen diesbezüglich proaktiver werden.
funkschau: Warum erweist sich das klassische Active Sourcing bei der Findung geeigneter Fachkräfte in dem Kontext als nicht zielführend?
Zöller: Heutzutage funktioniert das klassische „Post & Pray“, bei dem auf gut Glück Stellenanzeigen veröffentlicht werden, in vielen Branchen einfach nicht mehr. Außerdem bekommen viele Fachkräfte unzählige unpassende Stellen vorgeschlagen. Das führt nicht selten dazu, dass potenzielle Kandidaten komplett dicht machen und sich diese gar nicht mehr ansehen.
funkschau: Inwiefern kann „Reverse Recruiting“ dabei Abhilfe schaffen? Was genau ist unter dieser Form der Rekrutierung zu verstehen?
Zöller: Der traditionelle Bewerbungsprozess wird beim Reverse Recruiting umgekehrt: Die Unternehmen bewerben sich bei den Fachkräften. Dabei werden die offenen Stellen der Unternehmen genau jenen Kandidaten angezeigt, die von den Fähigkeiten, Wünschen und Bedürfnissen her passen. Unternehmen haben den Vorteil, dass sie sich nicht durch unzählige Profile klicken müssen, um herauszufinden, ob ein Kandidat zur ausgeschriebenen Stelle passen könnte. Kern des Reverse Recruitings sind Matching-Algorithmen, die passende Fachkräfte herausfiltern und vorschlagen. Das ist für beide Parteien von Vorteil, weil der Bewerbungsprozess wesentlich effizienter wird und zu besseren Ergebnissen führt.
funkschau: Welchen Ansatz fährt in diesem Zusammenhang Instaffo mit seiner Reverse-Recruiting-Plattform? Wie macht man sich die Vorteile Künstlicher Intelligenz zunutze?
Zöller: Instaffo ist eine Reverse-Recruiting-Plattform, auf der sich Unternehmen bei qualifizierten Fachkräften bewerben. Fachkräfte erstellen kostenlos ein Profil mit ihren Qualifikationen, Wunschkriterien und Bedürfnissen. Auf diese Weise zeigen sie, an welchen Stellen und Unternehmen sie interessiert sind. Unternehmen wiederum zahlen eine Grundgebühr für die Nutzung und bekommen proaktiv Fachkräfte vorgeschlagen, die genau auf ihre Stelle passen. Dank Künstlicher Intelligenz kann die Anzahl an wirklich passenden Kandidaten weitaus schneller und effizienter begrenzt werden, als wenn jedes Profil einzeln gelesen und mit offenen Stellen abgeglichen werden muss. Unternehmen können auch Stellenanzeigen und die dazugehörigen Anforderungsprofile hinterlegen. Passt ein Kandidat auf eine Stelle, werden beide Seiten darüber informiert, dass ein „Match“ gefunden wurde. Der Bewerber erhält Informationen über das Unternehmen und kann dann entweder zustimmen, dass Informationen ausgetauscht werden können, um ins Gespräch zu kommen oder ablehnen, falls das Angebot irrelevant für ihn ist. Besteht ein beidseitiges Interesse, können die Parteien direkt miteinander chatten und Details klären.
funkschau: Auf Ihrer Webseite heißt es, Instaffo wurde gegründet, um perfekte Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen zu schaffen. Provokativ gefragt: Kann es diese überhaupt geben?
Zöller: Ja, davon sind wir überzeugt und es ist unser Anspruch, genau solche Beziehungen zu ermöglichen. Dafür müssen aber beide Parteien wirklich zueinander passen. Wer in der falschen Position arbeitet oder sich mit den Werten des Unternehmens, in dem er arbeitet, nicht identifizieren kann, wird langfristig nicht glücklich. Unternehmen müssen umdenken, Mitarbeitern mehr Benefits bieten und stärker auf die Bedürfnisse der Fachkräfte eingehen. Wenn Kriterien, Wünsche und Bedürfnisse geklärt sind und wirklich zueinander passen, können Arbeitnehmer in ihrem Job aufblühen – und Arbeitgeber davon profitieren.
funkschau: Welche Tipps können Sie aus eigener Erfahrung künftigen Start-up-Gründern mit auf den Weg geben?
Zöller: Wir haben auf unserem Weg ein paar Fehler gemacht, weil wir sehr viel ausprobiert haben – zum Beispiel haben wir mit diversen Produkten experimentiert oder Projekte verfolgt, die sich im weiteren Verlauf einfach nicht bewährt haben. Trotzdem war das Ausprobieren wichtig, denn neue Erkenntnisse haben uns immer weitergebracht. Dabei ist es jedoch wichtig, die Learnings zu nutzen und gezielt Ableitungen für die konkrete Geschäftsentwicklung zu treffen. Entscheidend für einen erfolgreichen Start ist daneben natürlich der Aufbau eines starken Teams. Es ist wirklich wichtig, einen Plan zu haben und Mitarbeiter nicht nur nach Sympathie einzustellen. Gerade in der Gründungsphase bringt zu viel Harmonie das Unternehmen nicht weiter. Ein divers aufgestelltes Team ist essenziell für konstruktive Debatten. Ich bin mir sicher, dass wir ohne unser Team in dieser kurzen Zeit nie so viel erreicht hätten.