2015 wurde aus Watson der „Chefkoch Watson“. Im Rahmen des Projekts entwickelte IBM in Zusammenarbeit mit Experten des Institute of Culinary Education in New York ein Kochbuch. Die Rezepte basierten fast vollständig auf dem Geschmacksalgorithmus der Technologie. IBM wollte mit Chefkoch Watson testen, ob Computer kreativ sein und Rezepte kreieren können, die zuvor noch niemand versucht hat und trotzdem gut schmecken. Watson informierte sich hierfür über die chemische Zusammensetzung Hunderter verschiedener Zutaten und analysierte in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift „Bon Appétit“ Tausende Rezepte. Mit Hilfe der daraus gewonnen Daten schlug Watson für jedes neue Gericht vier verschiedene Zutaten vor, die man gut miteinander kombinieren kann. Die Reaktionen auf den KI-Chefkoch waren in erster Linie positiv. Beispielsweise war Watsons Rezept für eine BBQ-Soße sehr vielversprechend. Doch ein anderes experimentelles Gericht kam weniger gut an, nämlich der österreichische Schokoladen-Burrito. Dessen Bewertungen waren eher ernüchternd: „So schlecht, dass ich mir dachte, er müsste eigentlich schon wieder gut sein.“ Chefkoch Watson ist inzwischen nicht mehr online, IBM schaltete ihn ohne Begründung ab.
Erklärung zu “Portrait of Edmond De Belamy”: Hinter dem Gemälde steht das Kollektiv Obvious von Hugo Caselles-Dupré, Pierre Fautrel and Gauthier Vernier. Das Werk basiert auf einem Algorithmus, welcher aus den zwei Teilen Generator und Discriminator besteht. In das System wurde ein Datenset von 15.000 Porträts eingespeist, die zwischen dem 14. und 20. Jahrhundert entstanden. Der Generator erzeugte anschließend, basierend auf dem Set, ein Bild. Der Discriminator versucht, Unterschiede zwischen den menschlichen Gemälden und dem des Generators zu erkennen. Das Ziel ist, den Discriminator davon zu überzeugen, dass es sich bei dem neuen Bild um ein echtes Porträt handelt. Das Auktionshaus Christie’s beschreibt das Werk folgendermaßen: „Das Portrait zeigt einen Mann, vielleicht Franzose und vielleicht ein Kleriker.“
KI formt Gekritzel zu Zeichnungen
Google bietet mit „AutoDraw“ ein Online-Tool, welches aus jedem Menschen einen annehmbaren Zeichner macht. Das Tool kann alle möglichen Online-Kritzeleien erkennen und schlägt den Nutzern mit Hilfe von KI eine passende, ordentlich gezeichnete Grafik vor. Was zunächst kreativ wirkt, basiert allerdings auf bestehenden Designs von Künstlern, die zuvor eigene Zeichnungen in die Datenbank des Tools eingespeist haben. Die Software gleicht die Linien miteinander ab und schlägt eine entsprechende Grafik vor, die anschließend auch mit Farbe gefüllt und nach Belieben vergrößert, verkleinert oder verschoben werden kann. Die Lösung ist allerdings abhängig von den Grafiken, welche die Künstler einreichen. Je mehr Informationen und Vorlagen die Datenbank erhält, umso sicherer können Kritzeleien abgeglichen und ein geeignetes Design vorgeschlagen werden. Vor allem bei aufwändigeren oder 3D-Motiven scheitert das Tool bisher und kann oftmals noch keine passende Grafik anbieten.
Musik aus Alltagsgeräuschen
Im Jahr 2017 entwickelten drei junge Amerikaner eine Software, die es Nutzern ermöglicht, selbst ein musikalisches Meisterwerk zu erschaffen. Das KI-Experiment „The Infinite Drum Machine“ – nun Teil von Google – nutzt maschinelles Lernen, um verschiedene Geräusche aus dem Alltag zu analysieren und zu kategorisieren. Nachdem Tausende von Sounds, darunter beispielsweise das Geräusch einer Chipstüte oder einer Fahrradklingel, in das System eingepflegt wurden, erstellte dieses einen Fingerabdruck für jeden Klang. Ähnliche Geräusche wurden innerhalb des Systems näher aneinander gerückt. Entstanden ist ein zweidimensionaler Raum, in dem die verschiedenen Geräusche gruppiert wurden. Durch das Aneinanderreihen von verschiedenen Tönen können die Nutzer schließlich selbst interessante und kuriose Klangerlebnisse erschaffen.
KI kann (noch) nicht alles
Wenn es darum geht, ein funktionierendes Drehbuch zu schreiben oder eigenständige Unterhaltungen auf Twitter zu führen, müssen wir festhalten: Noch ist KI nicht so weit. Bislang reproduziert KI lediglich das künstlich nach, was sie zuvor von der kreativen Intelligenz der Menschen gelernt hat. Welche Entwicklung die Technologie in den kommenden Jahren nehmen wird, darüber sind sich die Experten uneins. Einig sind sich aber alle darin, dass wir in Sachen KI erst an der Oberfläche des Möglichen kratzen. Wird KI also bestehende Jobs ersetzen? Bestimmt. Aber gleichzeitig wird sie auch neue schaffen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus dem Jahr 2018. Diese postuliert, dass Automatisierung, Digitalisierung und KI kaum einen Einfluss auf das Gesamtniveau der Beschäftigungszahlen haben werden. Es wird allerdings eine Verschiebung der Branchen- und Berufsstruktur geben: mit weniger Stellen in der Produktion und dafür mehr in der Informations- und Kommunikationsbranche, in privaten Haushalten sowie in der Erziehung und für Lehrer. Letztendlich sorgt KI also dafür, dass wir wiederkehrende Arbeitsprozesse abgeben können und mehr Zeit für Kreativität haben.
Kathleen Jaedtke ist Regional Marketing Lead DACH bei Hubspot