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Das Ende der Telefonzelle

15. Juli 2016, 14:51 Uhr | Lars Bube

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Das Aussterben der Telefonzellen

Das Demenzhaeuschen des Demenzzentrums Mühlenbach ist eine der begehrten TelH78
Das Demenzhaeuschen des Demenzzentrums Mühlenbach ist eine der begehrten TelH78

Zur Hochzeit in den 80er und 90er Jahren gab es über 160.000 Telefonzellen in Deutschland. Um die Jahrtausendwende waren es noch weit über 100.000, zehn Jahre später schon nur noch die Hälfte. Heute sind weniger als 30.000 öffentliche Telefonhäuschen übriggeblieben. Einigen von ihnen wurde immerhin neues Leben eingehaucht, indem die Telekom sie zum WLAN-Hotspot aufgerüstet hat. Zudem kann man an einer Handvoll, den so genannten »All Payment Stationen«, sogar noch mit D-Mark bezahlen. Das Umrechnungsverhältnis zu Euro beträgt 2:1. Abgesehen von einigen stark frequentierten Standorten an Flughäfen und Bahnhöfen werden die verbleibenden Telefonzellen allerdings kaum noch genutzt. Die meisten Fernsprechhäuschen fristen ein trauriges und einsames Dasein.

Mag der Anblick manchen Bürger auch in romantisch verklärten Reminiszenzen schwelgen lassen, so sind sie der Telekom und ihren Aktionären doch zunehmend ein Dorn im Auge. Denn die Kosten für Standortmiete und Wartung sind in Zeiten der Mobiltelefonie ein schmerzliches Verlustgeschäft. Gleichzeitig mit dem Aufbau neuer Mobilfunkmasten werden deshalb jeden Monat weitere Telefonzellen abgebaut. Dabei gilt die Faustregel: ab einem Umsatz von weniger als 50 Euro im Monat wird ein Standort in Frage gestellt. Allerdings muss die Telekom dafür wegen der Grundversorgung noch immer die Zustimmung der Gemeinde einholen. An manchen Standorten wie etwa dem Demenzzentrum Mühlenbach in Bonn einigt man sich dabei trotz der Kosten darauf, die Telefonzellen weiter stehen zu lassen. Dort ist das gelbe Häuschen für viele Bewohner einerseits die einzige Möglichkeit zu telefonieren und gleichzeitig ein bekannter Ankerpunkt der Erinnerung. In seltenen Fällen werden die unrentablen Zellen auch heute noch durch eine Telefonstele ersetzt, die weniger Angriffsfläche für Vandalismus bietet und dadurch billiger im Unterhalt ist.

Die abmontierten Häuschen treten dann ihre meist letzte Reise an. Besonders gut erhaltene Exemplare werden als Ersatzteilspender ins zentrale Reparaturlager der Telekom nach Michendorf in Brandenburg gebracht, das selbst auf den Satellitenbildern von Google Maps zu erkennen ist (siehe Bildergalerie). Marode Häuschen landen hingegen meist direkt auf dem Schrottplatz. Doch für einige von ihnen gibt es auch ein zweites Leben. Da die Zahl der abgebauten Telefonzellen den Bedarf an Ersatzteilen weit übersteigt, verkauft die Telekom die Häuschen auch für Preise ab 450 Euro an Interessenten. Lieferung und Montage sind im Preis genauso wenig inbegriffen, wie der Anschluss und die Flatrate. Dabei haben sich insbesondere die in »freier Wildbahn« kaum noch vorkommenden gelben Modelle zu wahren Sammlerstücken gemausert, die deshalb bei der Telekom nur noch sehr selten zu bekommen sind. Aufgrund ihrer Rarität erzielen sie in gutem Zustand bei Liebhabern auf Auktionsplattformen und Flohmärkten Höchstpreise von 1.000 Euro und mehr.

Infos zum Kauf einer Telefonzelle bekommen Sie unter info@telekom.de.

Abgesang auf ein Kult(ur)objekt: Die Geschichte der Telefonzelle

Der Vorläufer der Prepaid-Karte: Die ersten Telefongespräche im Fernsprechkiosk des Postamtes mussten minutenweise per Telephon-Billet bezahlt werden (Foto: Bundesarchiv / Wikimedia Commons)
Die Technik im Inneren eines Fernsprechhäuschens aus dem Jahr 1932 würde so manchen Jugendlichen überfordern (Foto: Rosenzweig / Wikimedia Commons)
Telefonzellen auf dem Marktplatz in Wittenberg in den 50er Jahren (Foto: Bundesarchiv)

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  1. Das Ende der Telefonzelle
  2. Die Post wird gelb
  3. Das Aussterben der Telefonzellen
  4. Von der Telefonzelle zur Gartendusche

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