Die Reglementierung der Herkunftsangaben im Sinne des aktuellen EU-Vorstoßes bedeutet für Unternehmen einen erheblichen bürokratischen Zusatzaufwand. Einer der zentralen Kostentreiber in diesem Zusammenhang liegt in der Klärung, welches Land bei der Nutzung von Produktionsstätten im Ausland oder einer Kooperation mit externen Zulieferern als Ursprungsort zu definieren ist. Zu spüren bekommen das vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Produkte meist in einer kleineren Stückzahl produzieren und durch den zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand besonders stark belastet werden.
Das hat Folgen – sowohl für die betreffenden Unternehmen als auch für ihre Mitarbeiter und Kunden. Denn um den bürokratischen Zusatzaufwand abbilden zu können, müssen die Belastungen an anderer Stelle ausgeglichen oder Kosten eingespart werden. Diese Einsparungen gehen entweder zulasten der Qualität, ziehen spürbare Preiserhöhungen nach sich oder führen im schlimmsten Fall auch zu Kürzungen im Personalbereich.
Hürden im Importgeschäft mit Drittstaaten
Auch für internationale Handelsbeziehungen mit Akteuren aus Drittstaaten sieht die Deutsche Gesellschaft für Qualität potenzielle Negativfolgen: So besteht die Gefahr, dass sich Handelspartner außerhalb der EU durch das neue Reglement diskriminiert fühlen und ihre Importbedingungen im Gegenzug zu Ungunsten von Importeuren aus dem europäischen Raum ändern. Dies würde den Zugang zu wichtigen Drittmärkten für deutsche und europäische Produkte erheblich erschweren – zulasten des Umsatzes und der Geschäftsentwicklung. Ob der Mehrwert einer obligatorischen Herkunftsangabe diese gravierenden wirtschaftlichen Folgen rechtfertigt, darf zu Recht in Frage gestellt werden.
„Made in Germany“: Mehr als eine Herkunftsbezeichnung
Die Einführung einer verpflichtenden Herkunftsangabe auf Basis der zollrechtlichen Bestimmungen ist ein falsches Zeichen an Unternehmen und Konsumenten. Stattdessen fordert die Deutsche Gesellschaft für Qualität, dass sich Politik, Gesellschaft und Wirtschaft einem Diskurs zum Siegel „Made in Germany“ stellen, bei dem sie sich auf wesentliche strategische Fragen fokussieren. So ist der geografische Ursprungsort zwar auch für die Verwendung des Labels „Made in Germany“ einer der entscheidenden Faktoren. Im Gegensatz zum zollrechtlich verankerten Vorschlag der EU-Kommission gilt dabei jedoch, dass neben der Endproduktion eines Herstellungsprozesses auch die Verantwortung für ein Produkt oder eine Dienstleistung in Deutschland liegen muss.
Zur Produktverantwortung zählen neben der Konzeption und der Produktfreigabe für den Markt vor allem die Entwicklung und das Design, welche die Qualität eines Produktes im Sinne von Verbrauchertauglichkeit, Zuverlässigkeit und Langlebigkeit beeinflussen. Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Qualität ist für die Herkunftsbezeichnung also nicht der laut Zollrecht wertschöpfungsmäßig größte Produktionsanteil entscheidend.
Vielmehr geht es darum, die spezifisch deutsche Qualitätskultur hinter „Made in Germany“ erfolgreich in die weltweiten Produktionsketten deutscher Unternehmen zu übertragen – und so die Bedeutung des Gütesiegels im in- und ausländischen Markt aufrecht zu erhalten und weiter auszubauen.