Frequenzauktion: Enttäuschung, Aufbruchsstimmung und Kritik

21. Mai 2010, 12:43 Uhr | Claudia Rayling

Mit läppischen 4,4 Milliarden Euro liegt der Umsatz der größten deutschen Frequenzversteigerung seit zehn Jahren weit unter den Erwartungen. Zufriedenheit über das Ergebnis herrscht längst nicht allerorts. Falscher Zeitpunkt, falsche Vorzeichen, konnte man die Wettbewerbsproblematik überhaupt lösen? Fragen, die sich die Regulierungsbehörde und die Regierung gefallen lassen müssen.

Mit einem eher enttäuschenden Ergebnis ist die Mobilfunk-Frequenzauktion nach 224 Runden zu Ende gegangen. Das gesamte Paket von 360 Megahertz hat nur 4,4 Milliarden Euro in die Kassen gespült. Ob die Auktion den erklärten Zweck der Bundesregierung erfüllen konnte, ist unklar.

Daran zweifelt auch der Deutsche Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation (DVPT). Die Befürchtung: den Bietern, die jetzt solche Summen für die Ersteigerung aufwenden mussten, könnten für den raschen Ausbau der dringend benötigten Infrastruktur kurzfristig keine Mittel mehr bleiben. Damit könne die Auktion vielleicht sogar einen gegenteiligen Effekt haben und die Versorgung der "weißen Flecken" mit breitbandigem Internetzugang zu Lasten der wartenden Verbraucher sogar verzögern.

"Die Frequenzvergabe ist prinzipiell ein Schritt in die richtige Richtung, hin zur Absicherung der Wettbewerbsposition in Deutschland", so die Einschätzung des DVPT-Vorstandes Hans-Joachim Wolff. "Leider ist zu befürchten, dass den Bietern wenig MIttel bleiben, den Ausbau mit maximaler Geschwindigkeit voranzutreiben. Bei einer endgültigen Auktionssumme von rund 4,4 Milliarden Euro ist die als Allheilmittel geltende Digitale Dividende eigentlich schon gestorben."

Woran es aus Sicht des DVPT mangelt, ist eine einheitliche Strategie der Bundesregierung, das Problem der weißen Flecken in der Breitbandinternet-Versorgung anzugehen. "Was der Bund - und was Deutschland - braucht, wäre eine Strategie für ein Netz der Zukunft, die eine einheitliche Vorgehensweise beinhaltet. Insbesondere dass hunderte Einzelprojekte von verschiedensten Kommunen, Städten oder Landkreisen umgesetzt werden, könnte ein Hemmschuh für den Bandbreitenbedarf der Zukunft sein", sagt Wolff. "Denn auch nach dieser Frequenzauktion, die für die Bieter sicher zu kostspielig war, ist doch absehbar: In drei bis fünf Jahren stehen wir in Deutschland wieder vor demselben Problem. Der wachsende Bandbreitenbedarf wird dann wiederum unterversorgte Regionen entstehen lassen. Mit Bandbreiten von 1 bis 10 MBit/s ist es dann nämlich auch nicht mehr getan, dann werden 100 MBit/s und mehr benötigt."

Aus Sicht des DVPT ist eines der derzeitigen Kardinalprobleme bei der Internetversorgung im ländlichen Raum, dass der genaue Bandbreitenbedarf und das damit verbundene Geschäftsvolumen gar nicht bekannt sind. "Netzbetreiber werden letztlich nur dann schnell investieren können, wenn es für sie einen Business Case gibt", ist Hans-Joachim Wolff überzeugt. "Die Investition in den Netzausbau in neuen Gebieten muss sich rentieren. Eine der wichtigsten Aufgaben derzeit wäre es darum, erst einmal den Bedarf in den strukturschwachen Gebieten flächendeckend zu ermitteln. Was brauchen die Nutzer dort eigentlich? Was ist beispielsweise einem dort ansässigen mittelständischen Unternehmen ein breitbandiger Internetzugang wert? Erst, wenn das Geschäftspotenzial ermittelt ist, werden größere und schnelle Investitionen realistisch und rentabel."

"Dann könnte man sogar das Frequenzauktions-Prinzip umkehren", gibt DVPT-Vorstand Wolff zu bedenken. "Warum sollte der Bund dann nicht die Erschließung der einzelnen weißen Flecken ausschreiben und die Fördergelder den Unternehmen, die sich für die Versorgung bestimmter Bereiche beworben und den Zuschlag bekommen haben, direkt zukommen lassen? Was wir brauchen, ist eine Strategie, die das Netz der Zukunft für Deutschland mit einheitlichen Vorgaben wie Qualitätsanforderungen, Ausbaufähigkeit und Flexibilität absichert und die gleichzeitig Angebot und Nachfrage im freien Markt und Wettbewerb ermöglicht."

Bei drei der vier Mobilfunkanbieter herrscht derweil Aufbruchsstimmung - man habe die erwünschten Frequenzen bekommen und seine Ziele daher quasi schon erreicht, lassen die Deutsche Telekom, Vodafone und O2 unisono verlauten. E-Plus hingegen musste einen Rückschlag einstecken - und reiht sich in die Gruppe derer ein, die Kritik am mangelden Wettbewerb auf dem deutschen Markt üben. 

Die Ergebnisse der Auktion im Detail gibt es im Folgenden.


  1. Frequenzauktion: Enttäuschung, Aufbruchsstimmung und Kritik
  2. Telekom: Eine Investition von 1,3 Milliarden in LTE
  3. Vodafone: „Internet für alle“
  4. Telefónica O2: Erstes regionales LTE-Netzwerk noch 2010
  5. E-Plus: 283,6 Millionen Euro und kein 800er-Block

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