Laut einer Studie von Juniper Research lagen die Netzbetreiber-Einnahmen für Roaming 2012 bei rund 46 Milliarden US-Dollar und sollten aufgrund des steigenden Datenverbrauchs bis 2017 auf 80 Milliarden Dollar anwachsen. Ein großer Teil dieses Umsatzes entfällt jetzt aufgrund der EU-Entscheidung, die Kroes und die Kommission damit legitimieren, dass es keinen Grundlage für die Mehrkosten gäbe, lediglich zu wenig Wettbewerb. Im Schnitt sollen die Roaming-Einnahmen rund fünf Prozent des Profits der Carrier ausmachen. Fünf Prozent, die in Zukunft bei anderen Projekten fehlen. »Eine Abschaffung der Roaming-Gebühren würde das komplette Preisgefüge in der Mobilkommunikation ins Rutschen bringen und die Verbraucher an anderer Stelle zusätzlich belasten«, erklärt Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. »Die Preise für Inlandstelefonate und mobile Internetnutzung würden zwangsläufig steigen.« Profitieren würden vor allem Geschäftsleute mit häufigen Auslandsaufenthalten. Die Leittragenden sind laut Rohleder hingegen die einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen.
Doch gerade die Politik setzt derzeit hohe Ansprüche an die Netzbetreiber. Auf nationaler Ebene fordert die Breitbandstrategie den flächendeckenden Ausbau der Infrastruktur in den kommenden Jahren. 2014 will die Regierung schon 75 Prozent der Bundesrepublik mit Hochgeschwindigkeitsleitungen ausgestattet haben. Zahlen sollen die Betreiber.
Und auch der Mittelstand könnte unter den EU-Beschlüssen leiden. »Gerade junge Unternehmen, die sich keine teuren Standleitungen leisten können, werden von gesicherten Qualitätsklassen profitieren«, sagt Rohleder. Mit den Richtlinien für die Netzneutralität hat sich der Handlungsraum für entsprechende Speziallösungen aber nochmals verringert. Diese sind laut Beschluss lediglich möglich, wenn sie die »Verfügbarkeit oder Qualität der Internetzugangsdienste nicht beeinträchtigen.« Um individualisierte Dienste anbieten zu können, sind daher weitere Netzkapazitäten vorausgesetzt, die parallel zu den Ausbauplänen kaum realisierbar scheinen.
Was also letztendlich wie ein Beschluss für den Verbraucher aussieht, könnte sich schnell als eine von oben oktroyierte Regulierung entpuppen. Sowohl Branche als auch Endnutzer tragen die Kosten der entstandenen Lücken. »Mit der Abschaffung der Roaming-Gebühren konterkariert man die eigenen Ziele: Man belastet die sozial Schwachen und behindert den Breitbandausbau«, so Rohleder. Noch steht aber die Entscheidung der einzelnen EU-Staaten zwischen dem Plan des Parlaments und dessen ungefilterter Umsetzung.