Müssen Kunden aktiv widersprechen oder gilt automatisch eine Zustimmung, wenn sie nicht reagieren und ein Netzbetreiber ihr WLAN für die Öffentlichkeit freischaltet? Unitymedia zieht bis vor den BGH. Ein Vermarktunglehrstück für Shareconomy.
Freies Internet für alle, das wünscht sich sicher eine Mehrheit der Bundesbürger. Doch wie frei soll es sein? Das eigene WLAN für die Öffentlichkeit frei zugänglich zu machen, da hört für viele die Großzügigkeit auf. Bandbreite zu teilen, da will man dann doch ein Wort mitreden. Obwohl technisch solche Gastzugänge den Zugriff auf den Router separieren können und rechtlich die Störerhaftung bei illegaler Internetaktivität den privaten Routerbetreiber nicht mehr trifft, fühlen sich viele Internetnutzer nicht wohl in ihrer Haut, wenn Unbekannte über ihren Router ins Internet gehen. Man müsse schon ein »Störgefühl« berücksichtigen, sagen die Richter am Bundesgerichtshof.
Am BGH landete nämlich die Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen Unitymedia (Az: I ZR 23/18). Der Kabelnetzbetreiber will ein dichtes Netz von öffentlichen Hotspots aufziehen und nutzt dafür die Router seiner Kunden.
Der Carrier hat in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen über drei Millionen Kunden für Internet und Telefon und die will Unitymedia in einem Peer-to-Peer-Netz bequem ohne Anmeldehürden ins Internet bringen. Freies Internet also für alle Unitymedia-Nutzer überall dort, wo ein Router der über drei Millionen Privatkunden funkt. Klingt gut und kann vor allem im Marketing prima ausgeschlachtet werden.Doch man hätte die Idee sensibler umsetzen sollen.
Was der Deutsche einmal als seinen Besitz in der Hand hält, das gibt er nicht gerne her. Über Sharconomy kann man begeistert reden, wenn man sie denn praktizieren soll, ist es schnell vorbei mit dem Gemeinsinn.
Damit ein solches Netz schnell aufgebaut werden kann, hat sich Unitymedia rechtlich für die Widerspruchslösung entschieden: Wer seinen Router nicht freischalten lassen will, muss aktiv werden und widersprechen. Der Netzbetreiber hat sich gegen eine explizite Zustimmung entschieden, weil er weiß, wie träge die Masse ist. Genau das ist der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ein Dorn im Auge. Ein ungefragter Zugriff auf die Infrastruktur des Kunden sei unzulässig, argumentiert der Verbraucherschutz. Er verklagte Unitymedia und gewann vor dem OLG Köln. Der Netzbetreiber zog daraufhin vor das BGH.