Cheerio 4.0

Wie sähe das legendäre "Dinner for one" in digitalen Zeiten aus?

4. Juli 2018, 10:33 Uhr | Sabine Narloch

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Das Ambiente: Darkness with the White Wine?

Zu jedem Gang bekommt Miss Sophie ein passendes Getränk serviert – das könnte zweifelsohne auch ein Roboter erledigen. Würde die alte Dame außerplanmäßig einen Kaffee wünschen, könnte der Roboter das über eine vernetzte Kaffeemaschine ordern. Doch wenn nun die Digitalisierung tatsächlich in alle Büros und Produktionsbetrieben flächendeckend Einzug hält, immer mehr Menschen ihr Sweet Home zum Smart Home umbauen und abends das Elektroauto an die Steckdose anschließen: Hätten wir überhaupt genug Energie, um das alles zu stemmen – zumal in Zeiten knapper werdender Ressourcen? Oder müsste James jederzeit mit einem Black-out rechnen? Das Chicken wäre dann womöglich nur medium durchgegart und damit ein Gesundheitsrisiko. Und Miss Sophie müsste am Ende im Dunkeln am Weißwein nippen. So weit wird es wohl nicht kommen. Wie Professor Thomas Hamacher, Lehrstuhlinhaber für Erneuerbare und Nachhaltige Energiesysteme (ENS) an der TU München im funkschau-Interview ausführt, bliebe ein Stromausfall weiter handhabbar (siehe funkschau-Interview). Energieversorgung und Digitalisierung müssen nach seiner Einschätzung jedoch wesentlich enger verzahnt werden als bisher.

Die Stimmung: How do you do, James?
Es ist wohl der britischen Höflichkeit geschuldet, dass Miss Sophie die Auswirkungen des Alkohols bei ihrem Butler ausblendet. Schließlich wird seine Stimme immer lauter, die Aussprache immer undeutlicher, zuletzt landet er beim klassischen Lallen. Gäbe es einen technischen Assistenten mir KI-gesteuerter Spracherkennung, würde sich dieser wohl spätestens vor der abschließenden „Port-with-the-fruit-Runde“ zu Wort melden und James ein anti-alkoholisches Getränk empfehlen. Denn die Forschungen zur Künstlichen Intelligenz beziehen immer mehr den Faktor Emotion mit ein. Das Ziel dabei: über die Stimme beziehungsweise Stimmfärbung auf die Gefühlslage der sprechenden Person zu schließen. Gartner geht davon aus, dass bis 2022 die emotionalen KI-Systeme so ausgereift sein werden, dass sie über den emotionalen Zustand eines Menschen besser informiert sind als die eigene Familie. Das kann beispielsweise in CRM-Systemen genutzt werden. Ein genervt sprechender Anrufer ließe sich auf diese Weise frühzeitig identifizieren und rascher zu einem menschlichen Ansprechpartner verbinden als jemand, der entspannt wirkt.
 
Game Changer oder Same Procedure?
Wären all die technischen Möglichkeiten nun ein Game Changer für die vier Runden „The same procedure as every year“? Manches würde tatsächlich etwas anders ablaufen – und an manchen Stellen sogar eine qualitative Verbesserung erfahren. Doch der Kern – das menschliche Miteinander des semi-gemeinsamen Essens von Miss Sophie und James – würde bestehen bleiben. Gerade vielleicht auch, weil es sich bei den Cheerio-Runden um etwas typisch Menschliches, Irrationales handelt. In Miss Sophies Sehnsucht nach alten Zeiten mit ihren Freunden kommt die Psychologie des Menschen zum Vorschein. Und die ist ein ganz entscheidender Faktor, der Mensch und Maschine unterscheidet. Und darum beziehungsweise um den Menschen sollte es primär gehen. Bei aller Begeisterung für die technologischen Entwicklungen hat die funkschau-Redaktion über die Jahrzehnte immer auch im Auge behalten, ob und wie die Neuerungen für den Menschen nützlich sein können. Und wo eventuell Gefahren lauern. Das sollte auch künftig eine der Maximen bleiben, wenn es im digitalen Zeitalter nun richtig „in medias res“ geht. Dazu gibt es eigentlich nur ein Schlusswort: Let’s do our very best.


  1. Wie sähe das legendäre "Dinner for one" in digitalen Zeiten aus?
  2. Die Tisch-Konversation: Hätte Miss Sophie einen Handy-Daumen?
  3. Das Ambiente: Darkness with the White Wine?
  4. funkschau-Interview: „Wieder eine visionäre Stimmung schaffen“

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