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Wie sähe das legendäre "Dinner for one" in digitalen Zeiten aus?

4. Juli 2018, 10:33 Uhr | Sabine Narloch

Fortsetzung des Artikels von Teil 3

funkschau-Interview: „Wieder eine visionäre Stimmung schaffen“

funkschau: Smart Home, Elektroautos, Rechenzentren, Industrie 4.0: Haben wir ausreichend Energie, um das zu bewältigen – zumal in Zeiten der Energiewende?

Professor Thomas Hamacher
Thomas Hamacher ist Professer an der Technischen Universität München und hat den Lehrstuhl für Erneuerbare und Nachhaltige Energiesysteme (ENS) inne.
© Technische Universität München

Thomas Hamacher: Noch haben wir Benzin, Diesel, Gas. Aber als Energieträger wird Strom immer bedeutender werden, da erneuerbare Energien in erster Linie Strom produzieren. Doch werfen wir erst einmal einen Blick darauf, wie viel wir brauchen werden: Heute haben wir in Deutschland eine Stromnachfrage von etwa 600 Terrawattstunden. Das wird künftig deutlich nach oben gehen: Für Elektromobilität würde ich beispielsweise 100 Terrawattstunden veranschlagen. Wenn wir in Zukunft von einer jährlichen Stromnachfrage von 1.000 Terrawattstunden ausgehen, dann wird es sehr schwierig, das mit Erneuerbaren Energien bereitzustellen, die ausschließlich in Deutschland produziert werden. Viele neue Windturbinen und Photovoltaik-Anlagen wären nötig, denn die anderen Energieträger, wie Biomasse oder Wasserkraft sind heute letztlich schon ausgeschöpft. Eventuell kann die Geothermie künftig noch eine größere Rolle spielen, aber da sind wir noch nicht soweit.

funkschau: Schließen sich Energiewende und Digitalisierung aus?
Hamacher: Das nicht. Aber man kann beobachten, dass die Energiewende-Diskussion durch die Diskussion um die Digitalisierung abgelöst worden ist. Beispiel Regierungserklärung des neuen Bayerischen Ministerpräsidenten Söder: Das Wort „Energie“ kommt darin nicht vor, Digitalisierung natürlich schon. Das Energiethema gerät auch deshalb in den Hintergrund, weil es sehr schwierig wird, die Energiewende durchzusetzen. Nicht weil es grundsätzlich unmöglich ist, sondern weil viele Menschen nicht möchten, dass in ihrer Nähe Windturbinen oder Hochspannungsleitungen stehen. So einfach, wie wir es uns am Anfang der Energiewende vorgestellt hatten, wird sich das Ganze nicht umsetzen lassen. Wir müssen daher noch einmal neu nachdenken, wie viel von dem erneuerbaren Strom, den wir in Zukunft brauchen, sich in Deutschland erzeugen lässt, wie viel wir von unseren Nachbarn bekommen können und wie viel wir uns eventuell aus deutlich größerer Distanz holen müssen.

funkschau: Wie ist das mit einem Stromausfall in einer digitalisierten Welt?
Hamacher: Das ist eine der großen Fragen. Wie kann man ein künftiges Stromnetz gestalten, das nicht verletzlich ist? Das wird ein Wechselspiel aus Digitalisierung auf der einen Seite und neuem Stromsystem auf der anderen Seite. Neue Verteilnetze werden nötig sein, wenn wir Elektromobilität oder Elektrowärme-pumpen sinnvoll in diese Systeme integrieren wollen. Dann sollte man auch gleich einen Schritt weitergehen und über kleinere Energie-
module nachdenken, die aus mehreren Verteilnetzen bestehen und intelligent auf Veränderungen reagieren können. Bei einem Stromausfall können diese Netze dann zum Beispiel in Form eines größeren Dieselgenerators oder Back-up-Generators zumindest für eine vor-übergehende Zeit sehr schnell Strom wieder bereitstellen. Das setzt eine enorme Umorganisation des gesamten Stromsystems voraus.
 
funkschau: Worin sehen Sie die größten Herausforderungen des digitalen Wandels für die Energieversorgung?
Hamacher: Die bisherigen Entwicklungen zur Energiewende haben eine gewisse Ernüchterung bewirkt. Daraus wieder eine visionäre Stimmung zu schaffen, wird die eigentliche Herausforderung sein. Nachhaltige Entwicklungen insbesondere im Energiebereich müssen einhergehen mit einer stärkeren Digitalisierung unserer Welt. Wenn man diese Dinge zusammenbringt, dann wird eine Vision daraus, die viele Menschen überzeugen dürfte. Digitalisierung wird nur funktionieren, wenn wir gute Energiesysteme, insbesondere elektrische Energiesysteme haben. Das ist eine Grundvoraussetzung. Die Energieversorgung sollte somit als eine der ersten Anwendungen der Digitalisierung gesehen werden.

 


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