Beispielsweise stammt der Ratschlag, sich abzumelden, sobald man einen Onlineservice nicht mehr nutzt, aus den 90er-Jahren. Damals teilten viele Verbraucher ihre Rechner noch mit anderen, beispielsweise in Internet-Cafés oder Bibliotheken. In Zeiten, in denen die meisten mit eigenen Geräten online gehen, ist der Rat obsolet. Er vermittelt ein falsches Sicherheitsgefühl. Auch der Glaube, Sicherheitsfragen seien eine gute Methode, ein Onlinekonto abzusichern, hält sich hartnäckig. Dabei zeigen Studien, dass die Antworten auf viele Standardfragen leicht zu erraten sind. Zum Beispiel veröffentlichten Sicherheitsexperten 2015 Untersuchungsergebnisse, laut denen rund 20 Prozent der englischsprachigen Nutzerinnen und Nutzer die Frage nach ihrem Lieblingsgericht mit „Pizza“ beantworteten – ein gefundenes Fressen für Hacker.
Ein weiterer Faktor für den Erfolg von Phishing-Attacken ist deren gezielter Einsatz. Untersuchungen von Gmail zeigen, dass viele Kampagnen, die an Endnutzer und Unternehmenskunden geschickt werden, sich nur an einige wenige Dutzend Personen richten. Die E-Mails werden gezielt auf diese Personen zugeschnitten, um die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Angriffs zu erhöhen. So werden beispielsweise korrekte Anreden verwendet oder Betreffzeilen gewählt, die denen ähneln, die der Nutzer auch sonst bekommt. Zudem wird es den Empfängern so erschwert, die Phishing-Mails sofort zu erkennen. Gerade beim Spear-Phishing, bei dem Kriminelle ihre E-Mails geschickt auf individuelle Opfer zuschneiden, fällt es selbst den technisch versiertesten Nutzern schwer, die betrügerische Absicht zu erkennen. Dass gerade diese Art der Phishing-Mails immer beliebter werden, zeigt auch die Proofpoint-Studie: Spear-Phishing-Mails konnten innerhalb eines Jahres eine Zunahme von 53 auf
64 Prozent verzeichnen.
Eine weitere Untersuchung der Forscher Daniela Oliveira zusammen mit Natalie Ebner et al. offenbart einen zusätzlichen Faktor, warum Phishing-Täter so erfolgreich sind: Sie sind Meister der Manipulation. Oft beherrschen sie den Einsatz von Überzeugungstechniken. Sie wissen, wie man E-Mails emotional hervorhebt, wie man im Betreff vermeintliche Gewinne oder Verluste betont, um Benutzer dazu zu bringen, auf Phishing-Mails zu reagieren. Diese Methode der „emotionalen Erpressung“ ist nach wie vor häufig erfolgreich, vor allem wenn Nutzer sich nicht gut mit dem Thema Phishing auskennen.