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Fünf folgenschwere Irrtümer beim E-Learning

4. März 2021, 13:41 Uhr | Martin Fryba

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Selbstorganisiertes Lernen, wie es garantiert nicht klappt

Sabine Prohaska
Ob E-Learning- oder Blended-Learning-Arrangements funktionieren, hängt stark von der Vorerfahrung der Teilnehmer und deren Motivation ab, sagt Sabine Prohaska
© Sabine Prohaska

Bei digitalen Lernprojekten zeigt sich immer wieder: Niemand verirrt sich zufällig in ein E-Learning-Programm, und die Begeisterung bei der Neueinführung digitaler Lernformate hält sich bei den avisierten Teilnehmern meist in Grenzen. Neues macht vielen Menschen eben Angst, die sich wie die Telefonphobie bis zum heutigen halten kann.

Ob E-Learning- oder Blended-Learning-Arrangements funktionieren, hängt stark von der Vorerfahrung der Teilnehmer und deren Motivation ab. Selbst wenn ein Programm in anderen Firmen großartig funktioniert, heißt dies noch nicht, dass es auch in jedem Betrieb gut laufen muss. Programme müssen punktgenau zu einem Bedarf, zu einer Zielgruppe und vor allem zu einer Unternehmenskultur passen.

Dass viele Digitalverantwortliche in Unternehmen nicht auf die Idee kommen, bei ihren Neuprojekten die Mitarbeiter vorab ins Boot zu holen und so die Grundlagen für ein Gelingen neuer Arbeitstools zu legen, bleibt ihr ewiges Geheimnis. Um sich den Heureka-Moment zu sparen (»Hätten wir doch die Nutzer unserer vor sich hinrottenden E-Learning-Plattform vorab gefragt«), sollte geklärt werden: Verfügen Mitarbeiter oder Kollegen überhaupt über die Kompetenz, mit den digitalen Angeboten und dem damit verknüpften Lernen wirkungsvoll umzugehen?

Dieses Thema muss unternehmensintern geklärt werden – das erfordert auch Fingerspitzengefühl. Denn beim Einführen neuer Lernformate gilt es auch, die Lerngewohnheiten und -biografien der Adressaten zu beachten. Was in der Theorie oft so einfach klingt, ist für viele Menschen mit einer anderen schulischen Biografie als die Profis im Bildungsbereich nicht selten völlig ungewohnt.

In der Schule gaben die Lehrer und später im Betrieb die Führungskräfte oder Trainer den Umfang und Inhalt des Lernens vor. In der modernen E-Learning-Welt sollen die Lernenden sich nun plötzlich die Lernzeiten selbst einteilen und auch noch selbst für ihre Motivation sorgen. Damit haben viele Menschen keinerlei Erfahrung. Also konnten sie auch noch keine entsprechenden Lernstrategien entwickeln. Deshalb ist seitens des Unternehmens auch Geduld und Verständnis gefragt.


Der Köder muss dem Fisch schmecken
Wichtig ist auch, die digitalen Lernprojekte intern an richtiger Stelle zu vermarkten. Die Betonung auf »richtige Stelle« sei hier explizit erwähnt. Denn es soll Digitalverantwortliche geben, die ihre primäre Aufgabe darin sehen, dem Chef zu gefallen. Neu eingeführte Tools und Funktionen suggerieren ihre Tatkraft und Kompetenz, werden überschwänglich kundgetan, noch bevor irgendein Beitrag zur Steigerung der Produktivität gemessen oder zu messen je angedacht ist.

E-Learning-Tools müssen firmenintern aktiv promotet werden, aber bei den Adressaten, sprich Nutzern. Zum Beispiel mit motivierenden Seminar- und Kursankündigungen oder Statements von Kollegen, die von ihren Erfahrungen in und Erfolgen nach absolvierten Online-Angeboten berichten - im Audio-, Video- oder reinen Textformat. Auch Videostatements der Trainer können das Interesse an einer Teilnahme wecken.

Bei aller anfänglichen Skepsis, die man in Unternehmen oft beim Einführen neuer, digitaler Lern-Arrangements erlebt, erweist sich das Lernen im virtuellen Raum letztlich stets als eine positive Erfahrung für alle Beteiligten. Hat eine Person zum Beispiel einen Online-Kurs aktiv mitgemacht, sind in der Regel all ihre Bedenken verflogen und die Begeisterung für das Online-Lernen ist fortan groß.

Den Unternehmen bzw. Bildungsverantwortlichen muss es also primär gelingen, die neuen Lernformate und -designs den Adressaten schmackhaft zu machen. Mit Gamifikation-Elementen spielerisch anzuregen, Punkte  oder Auszeichnungen als Mitmachanreize zu setzen, kann hier viel bewirken. Der Rest spricht dann, sofern das Programm und seine Inhalte zielgruppengerecht gestaltet sind, für sich.

Die wertvollen Tipps stellte Sabine Prohaska zusammen, die als Inhaberin des Beratungsunternehmens Seminar Consult Prohaska aus Wien Online- und Blended-Learning-Trainer ausbildet und Unternehmen bei Einführen von E-Learning- und Blended-Learning-Konzepten unterstützt. Martin Fryba ergänzte durch Beispiele und Analogien, die ihm im Laufe von über 20 Jahren IT-Unternehmen berichteten. Dass so manche Erfahrung aus dem persönlichen Arbeitsumfeld in diesen Beitrag eingeflossen ist, kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

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