Die beiden aus Neumanns Sicht wichtigsten Punkte: »Man sollte keine Ausnahmen von standardisierten Prozessen der Managed Service-Erbringung zulassen. Und man sollte den bisherigen Kunden beim Wechsel in den MS-Vertrag die Pistole auf die Brust setzen. Wer nicht mitziehen möchte, von dem Kunden sollte man sich trennen«. Die Angst, Kunden zu verlieren, sei für viele seiner Kollegen der Grund, warum sie nicht konsequent auf Managed Services setzen würden, glaubt Neumann. Er habe von zehn Kunden, nur einen verloren.
Hybrides MSP- und Systemhausgeschäft
Evolution und Ergänzung, wenn auch im Fall Neumann eine sehr schnelle, statt Revolution, vor diesem Weg stehen immer noch viele vor allem kleinere Fachhändler, auch wenn viele auf den Managed Services-Zug bereits aufgesprungen seien, beobachtet Stefan Steuer. »Reine MSPs sind jedoch noch selten anzutreffen - und wird es auch nicht in der Masse binnen der nächsten zwölf Monate geben«, sagt der Geschäftsführer des frisch gegründeten Distributors Fokus MSP. Er präzisiert und grenzt zugleich von Cloud-Bezug ab: »MSP bezeichnet lediglich das kommerzielle Einkaufsmodell und die Art und Weise des Betriebs«. Dieser werde ein hybrides Modell sein, »sprich ein Mix aus beiden Welten«.
Fortgeschrittene MSPs dagegen würden sich nun auf einem Level befinden, »wo es darum geht, ihre Prozesse, Strukturen und selbst eingesetzte Lösungen zu optimieren und zu automatisieren - so, dass ein Service zum Kunden optimal erbracht werden kann mit wenig manuellem Aufwand und hohen Grad an Automatisierung«, sagt Steuer. Hier helfen Systemhauskooperationen, VADs, Herstellerprogramme und nicht zuletzt ein mittlerweile ganzes Portfolio an Tools und Lösungen, ursprünglich entwickelt von Systemhäusern für den eigenen Gebrauch, die sie nun kommerziell im wachsenden MSP-Markt anbieten. Steuer nennt sie »MSP-taugliche Produkte und Lösungen, die Made in Germany sind«, ihre Anbieter »erkennen das Potenzial von MSPs und haben sich auf diesen Markt in den letzten Jahre entsprechend vorbereitet, vor allem auch strategisch darauf hin ausgerichtet«.
Die Liste der IT-Unternehmer in Deutschland ist lang, die für ihr Systemhaus Software entwickelt haben, um die vielen Kunden-Infrastrukturen effizient steuern und abrechnen zu können, und diese nun anderen Systemhäusern als kommerzielles Produkt zur Verfügung stellen. Systemhaus-Software für und von Systemhäusern trägt maßgeblich zur Reife von MSPs bei.
50:50-Aufteilung
Vier Jahre nach der »zweiten Unternehmensgründung«, wie Neumann seinen MSP-Neuanfang bezeichnet, hat EDV Neumann samt Karlsruher Ladengeschäft PC-Spezialist, dessen Führung der Chef einem Vertriebsleiter anvertraut hat, 970 Rechner von 150 Kunden im Monitoring, gewinnt mit dem monatlich kündbaren MS-Vertrag viele Kunden dazu und es macht »wieder extrem viel Spaß« mit den mittlerweile zehn Mitarbeitern, lacht Frank Neumann. Die Umsätze aus Projekt- und MSP-Geschäft halten sich in etwa die Waage, EDV Neumann ist also das, was Stefan Steuer ein hybrides IT-Unternehmen nennen würde.
Seit 2019 ist der Neumann Synaxon-Beirat und auf Bühnen gefragt, wo er Kollegen das zurückgibt, was er an Knowhow von der Fachhandelskooperation erhalten hat – samt persönlicher Erfahrungen aus der Ergänzung eines Geschäftsmodells um zukunftsträchtige Managed Services. Dass Neumann den von Synaxon gereichten »Rettungsanker« mit dem Mut der Verzweiflung gegriffen hatte, schmälert die MSP-Transformation eines kleineren Fachhändlers keinesfalls.