Microsoft-Sprecher Heiko Elmsheuser begrüßt im Interview mit der CRN die Entscheidungen der Gerichte zum Handel mit gebrauchter Software, warnt aber gleichzeitig vor dem Handel mit gebrauchten COAs.
CRN: Wie bewertet Microsoft die Urteile des EuGH und BGH aus den letzten zwei Jahren bezüglich des Handels mit gebrauchter Software?
Heiko Elmsheuser: Microsoft begrüßt, dass durch die beiden Entscheidungen zumindest etwas klarer geworden ist, unter welchen Voraussetzungen gebrauchte Software weiter verbreitet bzw. gebrauchte Lizenzen erworben und verwendet werden dürfen. So hat der BGH u.a. entschieden, dass das für die Nutzung von Software erforderliche Vervielfältigungsrecht nicht der Erschöpfung unterliegt, da die Regeln über die Erschöpfung nur für das Recht zur Verbreitung von Software gelten. Der Zweiterwerber eines (erschöpften) Computerprogramms kann aber gleichwohl ein Recht zur Nutzung erlangen, wenn es sich um eine zeitlich unbefristete Lizenz handelt, die im Gegenzug für eine angemessene Lizenz gewährt wurde und der Ersterwerber alle Installationen unbrauchbar gemacht hat.
Für die Kunden bzw. Interessenten ist es wichtig zu wissen, dass sie das Vorliegen dieser Voraussetzungen beweisen müssen. Dieser Nachweis dürfte den meisten Erwerbern vermeintlich gebrauchter Software indes dann sehr schwer fallen, wenn sie – wie häufig der Fall - den ursprünglichen Lizenzvertrag und den Namen des ursprünglichen Lizenznehmers nicht kennen.
CRN: Herrscht damit aus Ihrer Sicht jetzt wirklich die von den Händlern gefeierte Rechtssicherheit, oder sehen Sie weitere Probleme und Klagen auf sich zukommen? Welche Punkte müssen eventuell von den Gerichten noch genauer definiert werden?
Elmsheuser: Nein, es herrscht noch keine vollständige Rechtssicherheit. Selbst im Oracle Fall ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, da das OLG München nun anhand der Vorgaben des BGH prüfen muss, ob das konkrete Angebot des beklagten Händlers zulässig war oder nicht. Abgesehen davon sind noch längst nicht alle Fragen geklärt. Gerade die Beweislastverteilung dürfte zu einer Verunsicherung der Kunden führen, die zuerst in eine vertiefte Prüfung der o.g. Voraussetzungen eintreten müssen. Und selbst wenn es zu einem Erwerb kommt, müsste doch immer wieder gerichtlich überprüft werden, ob im Einzelfall der Beweis erbracht ist. Unabhängig von diesen Sachverhaltsfragen, wird es aber noch weitere rechtliche Diskussionen geben, etwa hinsichtlich der Aufspaltung unterschiedlicher Typen von Volumenlizenzen oder der Einhaltung von Verwendungsbeschränkungen sowie der Anwendung technischer Schutzmaßnahmen
CRN: Können Sie abschätzen, wie groß der Markt für gebrauchte Software inzwischen ist? Handelt es sich eher um Einzelversionen für Endnutzer oder um Volumenlizenzen?
Elmsheuser: Genaue Zahlen können wir nicht nennen. Es handelt sich wohl überwiegend um Volumenlizenzen.