Wer sich aufbläst, gefällt. Doch auch hier gilt: Zu viel ist ungesund.
Die Amerikaner sind optimistische Zeitgenossen, was sie sympathisch macht. Das haben sie wohl von ihren Vorfahren, denn wie hätten die ohne großes Vertrauen in die Zukunft einen riesigen Kontinent erschließen können, den Büffel und Rothäute unsicher machten? Heute dringen aus dem Technologiesektor der Neuen große Visionen in die Alte Welt: von selbstfahrenden Autos und selbstbestellenden Kühlschränken, von Taxifahrten zu Spottpreisen und nicht zuletzt vom Ende der Privatsphäre. Um all das ins Werk zu setzen, bedienen sich US-Konzerne wie Google, Facebook oder Uber traditionellen Marketings: von Vorteilen schwärmen und schöne Geschichten erzählen. Nach der bewährten Devise: Wer sich aufbläst, gefällt.
Nun jedoch ist ein IT-Akteur aus dem gelobten Landstrich südlich von San Francisco dabei, einen wahrhaft revolutionären (oder wie man in der Branche sagt: disruptiven) Weg zur Veränderung zu beschreiten, gewissermaßen Marketing 4.0. Dessen Manager leiden darunter, dass der Channel die schönen neuen Produkte nur sehr zögerlich den doch reichlich vorhandenen Bestandskunden oder gern auch neuen Interessenten verkauft. Seit Jahren erfolgende Aufforderungen, die Komfortzone zu verlassen, verhallten ungehört. Die störrischen Reseller wollen einfach nicht groß in den Aufbau des erforderlichen Know-hows investieren und die Distributoren betreiben das Enablement nur auf Sparflamme. Vielleicht weil die Nachfrage bei den potenziellen Kunden nicht sehr groß ist? Ach was! VMware, so heißt jenes nur IT-Spezialisten bekannte Unternehmen, erklärte unlängst Wunschvorstellungen, die allenfalls in ferner Zukunft Wirklichkeit werden könnten, kurzerhand zu Top-Prioritäten für das Jahr 2015. Nicht irgendwann, sondern in diesem Jahr soll das Software-defined Data Center zum Mainstream werden. Dumm nur, dass bislang 80 Prozent der Kunden lediglich die Basissoftware zur Server-Virtualisierung einsetzen und nicht einmal ergänzende Verwaltungswerkzeuge, geschweige denn zusätzliche Produkte zur Virtualisierung von Netzwerken und Speichern.
Wenn sich die innovative Problemlösungsmethode VMwares bewährt, sollten auch hiesige Wirtschaftslenker und Politiker sie schleunigst anwenden. Vielleicht wird sich jedoch herausstellen: Wer sich zu sehr aufbläst, der platzt.