funkschau: Planen Sie in der industriellen Ausweitung für jedes Rechenzentrum eine Algenfarm oder auch andere Abwärmenkonzepte?
Ritter: Das war unser erster Entwurf und die Zeit bringt eine natürliche Evolution in das Konzept, welches grundsätzlich von den Rahmenbedingungen bestimmt wird. Das Gewächshaus würde fast überall funktionieren, nur nicht immer gleich wirtschaftlich. Unser Anspruch ist es, das Rechenzentrums-Design an die Abwärmenutzung anzupassen, beziehungsweise an das Ökosystem, in das es eingebettet werden soll. Es gibt neben dem Anbau von Mikroalgen auch andere Konzepte, wie Lohntrocknung, Vertical Farming sowie Nah- und Fernwärme. Dabei gilt es stets zu prüfen, welches Konzept am besten zu dem Standort passt.
funkschau: Wird sich die industrielle Ausführung denn zur Pilotanlage unterscheiden?
Ritter: Ja, da haben wir schon viele Erkenntnisse gesammelt. Wir würden die Innovation im Rechenzentrum selbst mit mehr Selbstbewusstsein aufbauen. Damals sind wir Schritt für Schritt vorgegangen, haben ein konventionelles Rechenzentrum gebaut und dann die Abwärmenutzung. Heute würden wir ein Rechenzentrum kompromisslos innovativ bauen, weil es gar keinen Grund dagegen gibt. Die Abwärme würden wir über ein anderes Medium abgreifen, nämlich direkt über Wasser. Wir wollten damals aber etwas bauen, was andere theoretisch an ihr Bestandsrechenzentrum ansetzen können. Würden wir unsere eigene Cloud aufbauen, würden wir sie auch dezentral gestalten. Wir würden nicht auf ein monolithisches Konzept setzen, sondern über Schleswig-Holstein verteilt.
funkschau: Sie haben also in erster Linie ein Rechenzentrum gebaut und nutzten dann mit dem Gewächshaus die Abwärme. Warum macht das denn nicht jeder Betreiber?
Ritter: Da gibt es ganz triftige Gründe. Zum einen kommt es auf den Standort des Rechenzentrums an. Das sind in der Regel Metropolregionen, wo ohnehin Platzmangel herrscht. Diesen Platzvorteil gibt es nur in ländlichen Regionen. Gleichzeitig ist es so, dass das nur ab einem gewissen Maßstab wirklich Sinn macht. Das, was wir gemacht haben, hatte eher den Zweck, darauf aufmerksam zu machen. Das ist auch nicht auf den letzten Cent Wirtschaftlichkeit getrimmt. Das war auch nicht unser Anspruch. Dann hätten wir das Gewächshaus nämlich nicht aufs Dach gestellt, sondern daneben. Gleichzeitig sprechen wir mit vielen Leuten aus der Industrie und auch anderen Rechenzentrumsbetreibern, die daran interessiert sind, das Konzept für ihre Bestandsrechenzentren zu eruieren. Meistens macht es für Bestandsrechenzentren leider keinen Sinn, weil sehr viel umgebaut werden müsste.