Vorteile eines Verbundrechenzentrums

Drei plus drei macht manchmal vier

11. Juni 2021, 7:00 Uhr | Christian Würth/jos

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Anforderungen und Chancen im Verbundbetrieb

Dies steigert die Ausfallsicherheit und Verfügbarkeit noch einmal. Ein Verbundrechenzentrum des höchstens Standards zertifiziert der TÜV mit der sogenannten TÜV-Stufe 4, da durch die komplette Redundanz mit doppelten Versorgungswegen die möglichen Single Points of Failure nahezu auszuschließen sind. Für einen gelingenden Verbundbetrieb gibt es drei wesentliche Voraussetzungen: Zwischen den Standorten der Rechenzentren muss es eine redundante Glasfaserverbindung für höchste Verfügbarkeit geben. Diese Trasse darf eine bestimmte Länge nicht überschreiten, damit eine Latenz eingehalten wird, die eine synchrone Spiegelung der Daten in der Storage-Umgebung erlaubt. Und schließlich muss diese Verbindung trassen- und knotendisjunkt sein, um einen Single Point of Failure zu vermeiden.
Nur ein Glasfasernetz verfügt über die Bandbreitenkapazitäten, um Datenverkehr zwischen zwei Rechenzentren adäquat abbilden zu können. Im Hinblick auf Ausfallsicherheit und Verfügbarkeit muss es sich um eine redundante Anbindung handeln. Auf diesen Verbindungen sind alle Arten von Services möglich: Dark Fiber, Wavelenght-Ethernet mit 100 GBit/s, 10 GBit/s, 1 GBit/s oder Fibre Channel 8 GBit/s sowie Managed Ethernet mit beliebiger Bandbreite.

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© LANline

Um die Daten live synchron in den Storage-Umgebungen zu spiegeln, darf die Latenz nach den Vorgaben der Storage-Hersteller zwei bis drei Millisekunden nicht überschreiten. Daher gilt es, bei der Planung einer Trasse genau hinzuschauen. Denn abhängig vom Gelände sind für eine Verbindung oft deutlich mehr Faserkilometer nötig, als die beiden Standorte nach Luftlinie auseinanderliegen. So beträgt beispielsweise der Abstand zwischen den Rechenzentren von Inexio Deutsche Glasfaser Business in Saarlouis und Kaiserslautern, die als Verbund arbeiten, 70 Kilometer Luftlinie. Die beiden Trassen, über die diese Standorte miteinander verbunden sind, haben eine Länge von 125 beziehungsweise 120 Faserkilometern. In der Glasfaser hat Licht eine Latenz von fünf Mikrosekunden pro Kilometer. Eine um zehn Kilometer größere Entfernung bedeutet also eine um 50 Mikrosekunden höhere Latenz. Darüber hinaus ist zu beachten, dass alle auf der Trasse eingesetzten Geräte ebenfalls eine Latenz verursachen und das Signal optimalerweise alle 80 Faserkilometer verstärkt werden muss. Die BSI-Angabe von 200 Kilometern Luftlinie für Rechenzentren, die sich Georedundanz geben sollen, ist daher bei einer synchronen Spiegelung der Daten nicht umsetzbar. Das BSI ist sich dieser Herausforderung durchaus bewusst und schreibt in Version 2.0 des Dokuments „Kriterien für die Standortwahl von Rechenzentren“ aus dem Jahr 2019: „Die Forderungen einer synchronen Datenhaltung zwischen den beteiligten RZ lassen einen Abstand, wie er für georedundante RZ erforderlich ist, nicht zu.“

Da in einem Land wie Deutschland im Hinblick auf die Störfaktoren jedoch tatsächlich schon wenige Dutzend Kilometer einen Unterschied ausmachen können, empfiehlt es sich für Unternehmen nach Betreibern zu suchen, die eine Betriebsredundanz mit nahezu größtmöglichem Faserweg bieten. Der Vorteil einer synchronen Spiegelung liegt auf der Hand. Beide Rechenzentren sind im Live-Betrieb. Bei einem Ausfall übernimmt der jeweils andere Standort automatisch. Die Kunden müssen sich um nichts kümmern, bemerken den Vorgang im Betrieb nicht einmal, und es gibt keine Dateninkonsistenzen. Bei der asynchronen Spiegelung dagegen ist nur eine Plattform immer aktiv. Bei einer Störung sind die Daten im anderen Rechenzentrum zwar vorhanden, aber ein Administrator des Kunden muss an die Systeme heran. Dadurch kann es zu Ausfallzeiten kommen, die sich in den Geschäftsprozessen von Anbietern kritischer Infrastrukturen bemerkbar machen können.

Neben der Entfernung ist für den Verbundbetrieb ebenso wichtig, dass die Glasfaserverbindung trassen- und knotendisjunkt verläuft. Dies bedeutet, dass es zum einen in der Trasse, also dem physikalischen Verlauf des Kabels, keine Kreuzungen geben darf. Zum anderen dürfen der A- und der B-Weg nicht über gleiche Geräte wie Router oder Switches laufen, denn diese würden eine Single Point of Failure bilden. Außerdem sind zwei Knoten nie im gleichen Gebäude, weil ein Stromausfall beide Geräte treffen würde und wieder ein Single Point of Failure entstünde.

Vorteile für Kunden und Betreiber

Die Nutzung von Verbundrechenzentren hat Vorteile für alle Seiten. Ist ein redundantes, trassen- und knotendisjunktes Glasfasernetz vorhanden, sind Errichtung und Betrieb von zwei Rechenzentren der Stufe 3 sogar günstiger als der Betrieb eines Standorts der Stufe 4. Für Provider, die über Netze und Rechenzentren verfügen, bietet sich also eine Geschäftsperspektive. Für Unternehmen kann das Angebot eines Verbundrechenzentrums ein weiteres Kriterium sein, Netzwerk- und Colocation-Leistungen aus einer Hand zu beziehen. Gerade für Anbieter kritischer Infrastrukturen kann etwa die Minimierung von Standortrisiken ein wichtiges Argument sein. Die aktuelle Pandemiesituation hat gezeigt, dass zu diesen Anbietern mehr Unternehmen gehören, als man zunächst denkt, etwa auch Laborbetreiber oder Lebensmittelproduzenten.

Christian Würth ist Geschäftsführer Rechenzentren bei inexio Deutsche Glasfaser Business.


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