Illegale Kältemittelimporte könnten bis zu einem Drittel des EU-Markts betragen

Kältemittelimport über illegale Lieferwege

29. Juni 2020, 9:10 Uhr | Jörg Schröper

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Vergleich der Exportdaten

Für die Untersuchung hat Oxera öffentlich zugängliche Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat, der handelsstatistischen Datenbank der Vereinten Nationen (Comtrade) sowie chinesische Exportdaten verglichen. Auf Basis dieser Daten kommt der EFCTC zu dem Schluss, dass die Menge der 2018 illegal in die EU importierten Kältemittel einem CO2-Äquivalent von 34 Millionen Tonnen entsprechen könnte – doppelt so viel wie bisher im schlimmsten Fall angenommen. Zugleich entspricht diese Menge einem Drittel der im Jahr 2018 zulässigen Quote (101,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent). Der tatsächliche Gesamtmarkt legaler und illegaler Kältemittel wäre demnach rund 25 Prozent größer als in der F-Gase-Verordnung vorgesehen.

Als CO2-Äquivalent entspricht die Menge der illegal gehandelten Kältemittel

  • dem jährlichen CO2-Ausstoß von rund 20 deutschen Kohlekraftwerken,
  • dem jährlichen CO2-Ausstoß von 25 Millionen zusätzlichen Pkw auf den Straßen der EU (also etwa mehr als die Gesamtzahl an Pkw in Spanien) oder
  • der jährlichen CO2-Belastung durch ein Industrieland mittlerer Größe.

Im Vergleich zu den 27 Mitgliedsstaaten der EU liegt das GWP der illegalen HFKW-Menge an 20. Stelle und hat damit einen größeren Fußabdruck als Länder wie Kroatien, Estland oder Zypern

„Leider haben wir keine Möglichkeit, die genaue Größe des HFKW-Schwarzmarkts zu beurteilen, da der illegale Handel natürlich nirgendwo offiziell erfasst wird. Mit dieser aktuellen Analyse haben wir jedoch solide Anhaltspunkte für das Ausmaß des Problems. Der illegale HFKW-Handel könnte damit sogar noch alarmierender sein als im bisher schlimmsten Fall angenommen", so Tim Vink, Director Regulatory Affairs bei Honeywell und stellvertretender Vorsitzender des EFCTC. „Mit Blick auf eine weitere Reduzierung der offiziellen Quote im Januar 2021 fordern wir eine deutlich bessere Durchsetzung der F-Gase-Verordnung, um die illegalen Importe nach Europa endlich einzudämmen.“

Der EFCTC ist nach eigenen Angaben überzeugt, dass vor allem eine strengere Durchsetzung geltender Gesetze auf Ebene der EU und der einzelnen Mitgliedsstaaten dazu beiträgt, das Problem trotz der großen Ausmaße zu lösen. Voraussetzung dafür sind eine Sensibilisierung innerhalb der gesamten Lieferkette für Kältemittel, schärfere Grenzkontrollen, eine insgesamt engere Zusammenarbeit aller Beteiligten sowie eine gemeinsame Infrastruktur, um die HFKW-Importe besser nachverfolgen zu können.

Die Analyse ergab zwei wichtige Handelsströme, in denen sich illegale Importe verbergen könnten:

Erstens zeigen die Daten von Oxera eine Abweichung von 19 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent im Jahr 2018 zwischen den gemeldeten Exporten aus China in die EU und den offiziellen EU-Berichten über Importe aus China. Diese Diskrepanz dürfte auf dem florierenden Kältemittel-Schwarzmarkt beruhen und fällt mit der Verschärfung der zulässigen HFKW-Quote im Jahr 2018 zusammen. Allein die hier ermittelte Menge entspricht dem jährlichen CO2-Ausstoß von ganz Hessen.

Zweitens stellte Oxera zwischen 2016 und 2018 einen 40-prozentigen Anstieg der HFKW-Exporte aus China in EU-Nachbarländer fest, der sich 2018 bei gleichzeitiger Verschärfung der Quote nochmal stark beschleunigte. Die Analyse des EFCTC zeigt, dass dieser rasante Importanstieg nicht allein durch das Marktwachstum zu erklären ist. Daraus resultiert ein Überschuss von 15 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent bei den chinesischen Exporten, der über der gerechtfertigten Marktdynamik liegt. Dies entspricht in etwa dem jährlichen CO2-Ausstoß einer Großstadt wie Hamburg.

„Es gibt keine Erklärung dafür, wohin diese zusätzlichen Kältemittel-Mengen gehen, sodass wir annehmen müssen, dass sie zur illegalen Einfuhr in die EU bestimmt sind“, erklärt EFCTC-Sprecher Tim Vink.


  1. Kältemittelimport über illegale Lieferwege
  2. Vergleich der Exportdaten
  3. Gefälschte Produkte

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