Die Simulation klassischer Feldbedingungen ist bei 5G-Messungen kompliziert, da eine Charakterisierung der Antennenkomponenten drahtlos in abgeschirmten Testkammern erfolgen muss. Testingenieure haben verschiedene Möglichkeiten, diese komplexe Aufgabe erfolgreich und kosteneffizient zu meistern.
Das Erreichen der angepeilten hohen Kanalkapazität in einem 5G-Netz erfordert sowohl die Einführung von Massive-MIMO-Basisstationen wie auch den kombinierten Einsatz von Mikrowellen- und Millimeterwellentechnologien auf der Netzwerk- und Endgeräteseite. Der Mikrowellenbereich wird in 5G als Frequenzbereich 1 (FR1: 410 MHz bis 7,125 GHz), der Millimeterwellenbereich als Frequenzbereich 2 (FR2: 24,25 GHz bis 52,6 GHz) bezeichnet.
Für Basisstationen im FR1-Bereich werden aktive Gruppenantennen (Massive-MIMO-Arrays), die aus mehreren Hundert Antennenelementen bestehen können, zu zweierlei Zwecken eingesetzt:
Die derzeit wichtigsten Frequenzen im FR2-Bereich liegen zunächst zwischen 28 GHz und 39 GHz. Die hohe Frequenzlage führt allerdings zu einer starken Pfaddämpfung und starker Feldverzerrung in der Nähe von Objekten. Dieser Dämpfung wird durch die Gruppenantennen und den über sie bewirkten Antennengewinn entgegengewirkt.
Entscheidende Messgrößen für die drahtlose Übertragung
Die Notwendigkeit geringer Wegverluste und kleiner Abmessungen führt im FR2-Bereich zu hochintegrierten Baugruppen mit Antennen, Verstärkern und Phasenschiebern. Infolgedessen sind HF-Kontakte für den Anschluss von Messgeräten über Kabel nicht mehr vorhanden und eine Charakterisierung der Sende- und Empfangsantennen muss über OTA (Over The Air)-Testlösungen stattfinden. Diese sind auch notwendig, um beispielsweise zu überprüfen, ob die Sendekeule in die gewünschte Richtung zeigt.
Die entscheidenden Metriken beziehen sich dabei sowohl auf Antennenparameter für die abgestrahlte und empfangene Leistung, wie Effective Isotropic Radiated Power (EIRP), Total Radiated Power (TRP), Effective Isotropic Sensitivity (EIS) und Total Isotropic Sensitivity (TIS) sowie auf senderspezifische Kennzahlen wie Error Vector Magnitude (EVM), Adjacent Channel Leakage Ratio (ACLR) und Spectrum Emission Mask (SEM).
Die Antennencharakteristik wird grundsätzlich im homogenen Fernfeld (FF) gemessen. Dessen Bedingungen sind bei FR2-Frequenzen und Basisstations-Antennengrößen aber erst in vielen Metern Abstand von der Antenne gegeben. Deshalb müsste ein 75 cm großer Massive-MIMO-Prüfling mit einer Sendefrequenz von 2,4 GHz bei direkter FF-Abtastung gemäß der Fraunhofer-Distanz, in der das Fernfeld beginnt (r = 2D²/λ D: Antennenapertur), in einer Testkammer mit einem Abstand von mindestens 9 m vermessen werden. Selbst ein Smartphone von 15 cm mit einer Sendefrequenz von 43,5 GHz müsste 6,5 m entfernt sein. Erst dann weist die sogenannte Quiet Zone (QZ), in der man die Messobjekte platziert, die nötige Phasenkonstanz auf. Der Toleranzbereich liegt hier bei einer Abweichung von höchstens 22,5° über die Messebene.
Große Absorberkammern, die solche Testbedingungen ermöglichen, sind nicht nur teuer, sie schränken aufgrund der Streckenverluste zudem die Messdynamik ein. Deshalb sind direkte FF-Messungen nicht für alle Anwendungen praxistauglich. Die Anwendbarkeit eines Testszenarios wird deshalb für gewöhnlich über ein White-Box-Verfahren bestimmt, bei dem neben der Apertur auch die Position der Antenne im geprüften Gerät bekannt ist. Ist die Strahlungsapertur größer als der begrenzte Raum, die Quiet Zone (QZ), die Position der Antenne innerhalb des Prüflings sowie die Antennenapertur nicht genau bekannt oder senden mehrere Antennen gleichzeitig, können direkte FF-Messungen unter White-Box-Bedingungen ungeeignet sein. Dann sind alternative Ansätze gefragt.