Von einem Nischenmarkt zu einer Milliarden-Euro-Branche hat sich der Handel mit Anwendungen (Apps) für Mobiltelefone entwickelt. Für 2013 prognostiziert die Beratungsfirma Booz & Company ein Umsatzvolumen von 17 Milliarden Euro. Auch die Betreiber von Mobilfunknetzen könnten von diesem Boom profitieren.
Für den Telekommunikationssektor haben sich mobile Anwendungen, sogenannte Apps, von einem anfangs belächelten Nischenmarkt zu einer veritablen Einnahmequelle gewandelt. Alleine der App Store von Apple wird 2010 voraussichtlich ein Umsatzvolumen von 2,3 Milliarden Euro erwirtschaften, so die Strategieberatungsfirma Booz & Company in einer Studie zum Mobile-Apps-Markt.
Ein Drittel der Einnahmen geht dabei an die Betreiber der App-Store. Diese können laut Booz & Company bis 2013 ein jährliches Umsatzwachstum von bis zu 73 Prozent erzielen. Dann werden weltweit über eine Milliarde internetfähige Smartphones die mobile Datennutzung in die Höhe treiben.
Alleine mit Downloads von Anwendungen soll dann weltweit ein Umsatz von 17 Milliarden Euro erzielt werden. Hinzu kommen Erlöse aus der Werbung in den Anwendungen oder durch Spiele.
Bisher dominiert vor allem Apple mit seinem App Store den Markt. Google mit dem Android App Market und der Blackberry-Hersteller RIM folgen mit weitem Abstand.
Die Netzbetreiber bekommen von dem Trend bisher nur den erhöhten Datentransport in ihren Netzen zu spüren, aber kaum ein Umsatzwachstum für mobile Internetnutzung. Der hohe Anteil von Flatrate-Mobiltarifen verhindert nicht nur in Deutschland, dass die Erlöse der Netzbetreiber proportional zu den übermittelten Datenmengen wachsen.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet nur ein strategischer Schwenk hin zu nutzungs- und volumenabhängigen Preismodellen. Diesen Weg haben bereits einige Betreiber gewählt, darunter Vodafone in Großbritannien.
Auch der amerikanische Mobilfunk-Carrier AT&T will weg von Flatrates hin zu Volumenverträgen. Dies soll den Ausbau der Backhaul-Netze, über die der Datenverkehr läuft, ermöglichen. Auch T-Mobile bewegt sich in diese Richtung. Beim neuen iPhone 4 etwa sieht der günstigste Tarif von 24,95 Euro monatlich nur eine Datenmenge von 200 MByte vor. Eine WLAN-Flatrate fehlt ganz.
Für die Mobilfunkfirmen ist es angesichts dieser Entwicklung wichtig, eine App-Strategie zu entwickeln, so die Beratungsfirma. »Wir sehen die App-Economy für die Telekommunikationsindustrie als einen nachhaltigen Trend. Auch wenn der Markt schon sehr weit entwickelt ist, sollten die Mobilfunkbetreiber die dazugehörige Wertschöpfungskette auf keinen Fall den neuen Wettbewerbern überlassen«, so Roman Friedrich, Partner und Telekommunikationsexperte bei Booz & Company.
Vielmehr müsse es den großen Anbietern gelingen, eine Antwort auf den Erfolg der marktbeherrschenden App Stores zu finden und sich strategisch zu positionieren. Allerdings erscheint der Umsatz, den die Netzbetreiber mit Apps erzielen können, im Vergleich zum gesamten Umsatz der weltweiten Telekommunikationsindustrie lächerlich gering. Der wird 2013 voraussichtlich bei 1,2 Billionen Euro liegen.
Doch der Umsatz alleine ist nicht ausschlaggebend: »Der ökonomische Mehrwert entsteht vor allem dadurch, dass ein starkes App-Angebot die Attraktivität des eigenen Mobilfunkangebotes deutlich erhöht und dadurch die Neukundenakquise vereinfacht und die Kündigungsquote minimiert«, so Friedrich.
Ziel der Netzbetreiber müsse es daher sein, für die eigenen Kunden die zentrale Schnittstelle zur App-Economy sowie zu reichweitenstarken Apps zu werden. Partner- und Co-Branding-Modelle seien hier besonders erfolgversprechend.
Laut Booz & Company sind zwei Optionen für Mobilfunknetzbetreiber sinnvoll:
»Bei der Umsetzung ihres App-Angebotes auf Basis dieser beiden Optionen müssen Netzbetreiber die technischen Besonderheiten der von ihnen vertriebenen Endgeräte und die regionalen Spezifika der eigenen Kundenbasis mit ins Kalkül ziehen«, skizziert Friedrich.
»Nach unserer Analyse ist die Entwicklung eines eigenständigen App Stores keineswegs der strategische Königsweg. Aber für Anbieter, die dieses zukunftsträchtige Geschäftsfeld nicht konsequent entwickeln, könnte es bald zu spät sein.«