Gleich zwei Branchenriesen sind auf der Suche nach einem neuen Chief Executive Officer. Bei IBM ist das Rennen um die Nachfolge von Palmisano eröffnet. Wohl eher unfreiwillig muss dagegen wohl Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo in den vorzeitigen Ruhestand gehen.
Von Rückzug ist seitens Samuel J. Palmisanos noch nichts zu hören. Kein Wunder, der Chairman of the Board, President und CEO von IBM wird am 29. Juli ja auch erst 59. Zudem lässt er auch nach acht Jahren an der Spitze des IT-Riesen keine Amtsmüdigkeit erkennen.
Doch der kluge Mann baut vor, und so ist das Rennen um die Nachfolge des Spitzenmanagers eröffnet. Zwei Kandidaten werden derzeit als mögliche Nachfolger von Palmisano gehandelt.
Zu den Topfavoriten gehört mit Virginia M. Rometty eine Frau. Die 52 Jahre alte Managerin verantwortet als Vice President die weltweiten Vertriebs- und Partneraktivitäten von IBM.
Als Pluspunkt wird ihr angerechnet, dass Rometty vor acht Jahren die Integration des Beratungshauses Pricewaterhouse Coopers reibungslos über die Bühne brachte. Damit eröffnete sie IBM einen neuen Markt – abseits der Hard- und Software-Schiene.
Der zweite Kronprinz ist Michael E. Daniels (56). Er ist derzeit als Senior Vice President für die Global Technology Services und IBM Global Services zuständig. Damit betreut Daniels Bereiche, die künftig für IBM eine wichtige Rolle als »Cash Cow« spielen werden. Zudem eilt Daniels der Ruf voraus, ein »harter Typ« zu sein, der die Interessen von IBM rücksichtslos durchsetzt – und dabei auch seine eigene Karriere vorantreibt.
Noch offen ist, wann die Entscheidung zugunsten eines der beiden Nachfolger fällt. Wie in US-Firmen üblich, wird es zunächst einmal zu einem (kleinen) Machtkampf zwischen den Protagonisten kommen. Dabei ist durchaus vorstellbar, dass beide auf der Strecke bleiben und ein Außenseiter das Rennen macht.
Nur eines ist klar: Samuel Palmisano wird sicherlich nicht bereits im kommenden Jahr in den Aufsichtsrat wechseln und dem Golfspiel höhere Priorität einräumen. Denn dann wird IBM 100 Jahre alt, und dieses Fest wird sich der Chef nicht entgehen lassen.
Während IBM derzeit gut dasteht, sieht es bei Nokia anders aus. Die finnische Firma ist zwar immer noch Weltmarktführer im Bereich Mobiltelefone. Laut Gartner verkaufte Nokia im ersten Quartal 2010 weltweit rund 110 Millionen Mobilgeräte. Der Zweitplatzierte Samsung kam auf 65 Millionen. Dennoch sank der Marktanteil Nokia im Vergleich zum Vorjahr von 36,2 auf 35 Prozent.
Derselbe Trend ist bei Smartphones zu beobachten. Die britische Beratungsfirma Canalys hat ermittelt, dass Nokia im ersten Quartal 21,4 Millionen Geräte weltweit absetzen konnte, rund 8 Millionen mehr als 2009.
Doch auch in diesem Marktsegment fiel Nokias Anteil, und zwar von 41,4 auf 38,8 Prozent. Vor allem Apple und HTC, die ihren Absatz mehr als verdoppelten, rücken den Finnen im Bereich Smartphones auf die Pelle.
Das ist auch der Grund dafür, dass nun Nokias CEO Olli-Pekka Kallasvuo zur Disposition steht. Ihm wird vorgeworfen, keine Antwort auf Produkte wie das iPhone, die Android-Phones von HTC und Samsung oder selbst die arrivierten Smartphone-Modelle mit Touchscreen von RIM (Blackberry) zu haben.
Laut einem Bericht des Wall Street Journal ist die Suche nach einem Nachfolger für Kallasvuo in vollem Gang. Ein aussichtsreicher Kandidat hat bereits abgewinkt. Er wollte angeblich nicht nach Finnland übersiedeln.
Bis Ende des Monats, so ein Top-Manager von Nokia, soll laut Wall Street Journal die Entscheidung über die Nachfolge des glücklosen Kallasvuo gefallen sein.
Eine Aufgabe, die auf den Neuen wartet, ist die Entscheidung bezüglich der Betriebssysteme. Derzeit läuft ein Großteil der Mobiltelefone von Nokia unter Symbian.
Eine neue Version der Systemsoftware soll in diesem Jahr herauskommen. Sie wird unter anderem einen besseren Support für Touchscreen-Modelle bieten. Allerdings kommt das neue Symbian zu spät. Nokia hat den Trend in Richtung Touchscreen schlichtweg verschlafen.
Zusätzlich forciert Nokia zusammen mit Intel die MeeGo-Plattform. Diese zielt auf High-End-Smartphones. Am 30. Juni wurde das Projekt offiziell gestartet.
Ob sich Nokia allerdings den Luxus leisten kann, zwei Systemplattformen zu unterstützen, ist fraglich. Denn dies würde Entwicklungskapazitäten binden. Hinzu kommt, dass es für jede Plattform essenziell ist, eine »Ökosphäre« aufzubauen, sprich eine Vielzahl von Applikationen bereitzustellen. Dies für zwei Betriebssysteme zu tun, ist eine Herkulesaufgabe.