Bürokratieabbau noch längst nicht in Sicht
Neben all diesen Gesetzen und Regulierungen ist es aber die Finanzverwaltung, die mit den meisten Änderungen aufwarten kann. Und weil dies alles so umfangreich und kompliziert geworden ist, lassen die Finanzämter ihre Steuerbürger zusätzlich bluten. So hat der Bundesrat eine Ergänzung zur Abgabenordnung abgenickt, die laut Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) den Unternehmen in Deutschland Zusatzkosten von bis zu einer Million Euro verursachen könnten: die kostenpflichtige verbindliche Auskunft beim Finanzamt. Bislang kostenfrei, soll jetzt eine Gebühr entsprechend dem Gegenstandswert erhoben werden. Ist diese Bemessung nicht möglich, wird nach Zeit berechnet: pro angefangene halbe Stunde 50 Euro, mindestens aber 100 Euro.
»Ich wünsche mir und für die Unternehmen mehr Planungssicherheit über einen längeren Zeitraum«, antwortet Steuerberater Birkmaier auf die Frage, was er sich vom Gesetzgeber wünschen würde. Und natürlich weniger kurzfristige Änderungen im Steuerrecht. Bestes Beispiel dafür sei die Ein-Prozent-Regelung für betrieblich genutzte Fahrzeuge. Diese Änderung wurde im April 2006 rückwirkend zum 1. Januar beschlossen. »Das hat, neben vielen unklaren Bestimmungen wie zum Beispiel den zeitnahen Nachweis für den betrieblichen Nutzungsanteil, sehr viel Unsicherheit hervorgerufen.«
Allein die großen Neuregelungen im Steuergesetz können verwirren: Steueränderungsgesetz 2007, Haushaltsbegleitgesetz 2006, Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltung, Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm, sowie Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen. »In jedem dieser Gesetze stecken eine Menge Einzelverordnungen«, fügt Birkmaier hinzu. Grob geschätzt dürften dies etwa 50 Neuregelungen sein, die mehr oder weniger Unternehmen und Einzelpersonen belasten. Nur eine Minderheit wird hingegen von der so genannten Reichensteuer betroffen sein. Da steigt der Spitzensteuersatz von 42 auf 45 Prozent bei einem zu versteuernden Einkommen von 250.000 beziehungsweise 500.000 Euro.
Als problematisch sieht der Steuerfachmann die Reform des Erbschaftssteuerrechts an. Der Kabinettsbeschluss sieht vor, dass bei Unternehmensübernahmen beispielsweise im Handwerk, die Erbschaftssteuerschuld für Betriebsvermögen ermäßigt werden kann, wenn der Betrieb zehn Jahre fortgeführt wird. Problem: Was passiert, wenn ein Unternehmensnachfolger die zehn Jahre nicht durchhalten kann? Eine Entscheidung ist für 2007 geplant. Und da, davon darf ausgegangen werden, werden Heerscharen von Beamten nach weiteren Gesetzesänderungen und Regelungen suchen. Und sie werden fündig. Vielleicht zum Wohle der Institution Staat, nicht immer zum Wohle der Bürger.