CRN: Warum schaden sich Unternehmen, die sich die Frauenfrage erst gar nicht ernsthaft stellen, selbst?
Dierke: Aus Unternehmersicht lautet die zentrale Frage: Wie können Unternehmen besser und wirksamer als bisher geführt werden? Frauen können hierzu aufgrund ihrer spezifischen Fähigkeiten einen substanziellen Beitrag leisten. Deshalb tun sich Unternehmen selbst einen Gefallen damit, wenn sie Frauen stärker in Entscheidungsgremien wie Vorständen und Aufsichtsräten positionieren. Denn dort wird der »Shadow of the leader« vorgegeben.
CRN: »Shadow of the leader« - Was ist das?
Houben: Der Ton, der die Führung und Zusammenarbeit in der Organisation insgesamt prägt. Heute sind zum Beispiel in Deutschland laut dem Women-on-Board-Index der Initiative »Frauen in die Aufsichtsräte« nur 6,5 Prozent der Aufsichtsräte und Vorstände der 160 Unternehmen in den verschiedenen Dax-Indizes weiblich.
Dierke: Und betrachtet man die echten Management-Jobs in den Vorstandsetagen und blendet die Aufsichtsräte aus, dann beträgt der Frauenanteil sogar nur 2,15 Prozent.
CRN: Warum sollte der Frauenanteil hier besser höher sein?
Dierke: Weil Frauen durch ihre Denkweise und ihr Handeln Top-Teams wirksamer machen. McKinsey hat schon 2007 in einer Studie eine positive Korrelation aufgezeigt zwischen der Zahl von Frauen in den Entscheidungsgremien einerseits und der Performance von Unternehmen andererseits.
CRN: Welche »besonderen« Fähigkeiten haben denn Frauen, und warum werden diese wichtiger?
Houben: Aus den globalen Trends, die die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen heute prägen, ragen zwei heraus: die Beschleunigung durch technologische Innovation und die globale Verfügbarkeit von Know-how und Talenten. Als Folge davon beobachtet man bei den Unternehmen einen Trend zu Matrixstrukturen – also zu Strukturen, die nicht mehr auf Kontroll- und Kommandostrukturen top-down basieren, sondern in denen es viel mehr darauf ankommt, unterschiedliche gleichberechtigte Interessen zu einer optimalen Entscheidung zu führen. Und diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Das heißt, künftig haben wir es immer mehr mit Netzwerkorganisationen zu tun, in denen kleine Unternehmenseinheiten produktiv und innovativ zusammenarbeiten. Damit rücken neue Kernkompetenzen in den Vordergrund.