Das Londoner Erfolgstück »Enron« empfiehlt sich gleich auf mehreren deutschsprachigen Bühnen als neuer Saisonrenner und Lehrstück zur Finanzkrise. Autorin Lucie Prebble führt darin spannend und anschaulich den Aufstieg und Fall des Energieriesen Enron und die zwielichtigen Finanzjongleure der New Economy vor.
Die alte Schule hat ausgedient, der aufstrebende Enron-Manager Jeffrey Skilling setzt auf die Virtualität aller Geschäftsvorgänge. Beispielsweise zu erwartende Gewinne der Zukunft, die bereits vorab unter Einkünfte verbucht werden. Präsident Skilling und Enron werden zu Stars der New Economy, der Aktienkurs steigt, ohne dass jemand genau erklären könnte warum. Die sich trotzdem anhäufenden Schulden versteckt der findige Finanzchef Andy Fastow in undurchsichtigen Tochterfirmen, Raptoren. Dann kracht das Lügengebäude doch zusammen – der erste große Skandal der sich anbahnenden Finanzkrise. Zum Besseren belehrt war damit natürlich niemand, die zwielichtigen Finanzpraktiken der Enron-Jongleure haben vielmehr Schule gemacht.
Die junge britische Theaterautorin Lucie Prebble hat sich - bei aller nötigen Vereinfachung - eng an die tatsächlichen Vorgänge rund um die spektakulärste Firmenpleite in der amerikanischen Geschichte gehalten. Die Enron-Vorstände Ken Lay, Jeffrey Skilling und Andy Fastow treten auf, zelebrieren sich als innovative Vordenker der New Economy und lassen sich von geblendeten Investoren, unter anderem den Lehman Brothers, hofieren. Und im Keller verschlingen tatsächliche Raptoren, stellvertretend für Andy Fastows Scheintöchter, die Schulden. Noch im Untergang beharrt Enron-Präsident Skilling uneinsichtig auf seine Vision: »Das Unternehmen war durch mich wert, was es wert war!«, verteidigt er sich nach der Pleite. Inzwischen war das Unternehmen nichts mehr wert.
Prebble konzipiert das Enron-Drama als spannenden Wirtschaftskrimi, der die komplexen Finanzvorgänge anschaulich erklärt und gleichermaßen als Kabarett-Revue mit Anklängen an Bertolt Brechts Parabeltheater (im britischen Verständnis), womit die Allgemeingültigkeit der Geschehnisse betont werden. »Enron« hatte in Deutschland im Staatstheater Nürnberg seine Erstaufführung und ist auch im Hans-Otto-Theater in Potsdam zu sehen. Die Schweizer Erstaufführung ist 26. Februar im Theater Basel, die Österreichische Premiere am 15. April im Theater Graz. Zahlreiche Nachspiele auf deutschen Bühnen sind zu erwarten. Prebbles Stück ist in der aktuellen Ausgabe 1/2010 der Fachzeitschrift »Theater Heute« abgedruckt.