ERP-Lösungen fungieren als zentrale Datendrehscheibe in Unternehmen. Daher gilt es, mit diesen Systemen immer up-to-date zu sein und neuen Technologien Einzug zu gewähren – eine davon ist Process Mining.
Innovative Technologien sollen neue und vor allem sinnvolle Möglichkeiten eröffnen. Im Geschäftsumfeld ist die Sinnhaftigkeit zumeist mit Effizienz oder auch der Aussicht auf einen höheren betriebswirtschaftlichen Nutzen verbunden. ERP-Systeme stehen dabei im Fokus, sind sie doch als Datenrückgrat eines Unternehmens zu sehen. Einen gezielten Blick auf diese zentralen Systeme hat im April der Digitalverband Bitkom geworfen: Im Whitepaper „ERP Trend-Check 2021“ wurden elf Technologietrends vorgestellt und auf Relevanz für ERP-Systeme hin untersucht. Neben den Möglichkeiten, die diese Technologien Anwendern eröffnen können, wurde auch der erwartete betriebswirtschaftliche Nutzen berücksichtigt. Dabei geht es unter anderem um Blockchain, KI, IoT bis hin zu No- beziehungsweise Low-Code, dem Trend zu mehr Mobilität – oder eben Process Mining. Während sich beispielsweise die Möglichkeit zur mobilen ERP-Anwendung in den Lösungen bereits konkret wiederfindet, steckt das Thema Process Mining hingegen noch eher in den Kinderschuhen. Bei einer Technologie, die sich wenig auf den betriebswirtschaftlichen Nutzen auswirken würde, wäre das zu verschmerzen; doch die Autoren des Whitepapers schätzen dieses Potenzial sogar als besonders hoch ein (siehe Grafik oben). Auch Karsten Sontow, ehrenamtlicher Vorstand im Arbeitskreis ERP des Bitkom, attestiert auf funkschau-Nachfrage eine „neue Dimension“ in die ERP-Lösungen im Verbund mit Process Mining vorstoßen könnten, „da über das etablierte Kennzahlen-Controlling hinaus nun auch die prozessbedingten Zusammenhänge transparent werden.“ Zwar stellen laut Bitkom-Whitepaper ERP-Systeme die häufigste Datenquelle für Process-Mining-Anwendungen dar. Allerdings liegen die Daten im ERP-System noch nicht im richtigen Format vor. Und darin sehen die Autoren eine der Herausforderungen, nämlich die „aufwendige Aufbereitung der Daten aus ERP-Systemen zu vereinfachen“. Dafür gebe es am Markt ETL-Werkzeuge, die Anbieter bereits in die Process Mining Software integriert anbieten. Auch gebe es für Standardprozesse wie zum Beispiel Order to Cash mitunter von ERP-Anbietern angebotene Konnektoren. Ein weiterer Ansatz sei die Generierung von Event-Logs beziehungsweise Protokollen im ERP-System, die von Process Mining Software direkt verarbeitet werden können.
Process Mining |
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Process Mining ist eine Technologie, mit der Unternehmen tiefe Einblicke in ihre Prozesse erhalten können. Ereignisdaten der IT-Systeme eines Unternehmens beziehungsweise die Echtzeit-Visualisierung machen dabei die tatsächliche Prozesskette bis in Detailebenen sichtbar. Interessant sind dabei vor allem Schwachstellen im definierten Kernprozess beziehungsweise Abweichungen von diesem. Solche Abweichungen bestehen beispielsweise in unnötigen Schleifen in Abläufen, die ohne Process Mining unentdeckt geblieben oder an ganz anderer Stelle erwartet worden wären. Sind solche Schwachstellen identifiziert, lassen sich Prozesse verbessern. Prozesse laufen dann in der Regel effizienter und meist auch kostengünstiger ab. |
Die sogenannten Event-Logs nehmen beim Process Mining eine zentrale Rolle ein. Was darunter genau zu verstehen ist, erläutert Karsten Sontow folgendermaßen: „Diese müssen eine Bezeichnung eines Ereignisses beziehungsweise Prozessschritts, eine über den gesamten Prozess eindeutige Prozess-ID sowie einen Zeitstempel umfassen – Letzteres idealerweise in der Form ‚Beginn – Ende‘.“ Das Problem sei laut Sontow, dass solche Event-Logs in vielen ERP-Systemen aktuell noch nicht erzeugt werden können „oder der – an sich vorhandene – Prozessbezug sich nicht über eine längere Prozess-kette identifizieren lässt, weil sich die erzeugten Event-Logs auf unterschiedliche Objekte beziehen, zum Beispiel ID von Angebot, Kundenauftrag, Fertigungsauftrag und Rechnung.“