Solche von den Wettbewerbern vorgeworfenen Praktiken, sollten sie sich bestätigen, können den Wettbewerb in der Cloud beeinträchtigen. Für Verbraucher kann das unter anderem mit einer geringeren Auswahl und höheren Preise für Cloud-Dienste einhergehen. So würden laut der Studie technische, finanzielle und vertragliche Beschränkungen eingesetzt, um Anwender im eigenen Cloud-Infrastruktur-Ökosystem zu halten. „Über mehrere Monate hinweg habe ich mit Anwendern von Unternehmenssoftware aller Größen und Branchen gesprochen“, erklärt Studienautor Professor Frédéric Jenny. „Einige Anwender hatten Angst vor möglichen Repressalien, wenn sie sich gegen vermeintlich unlautere Praktiken aussprechen. Selbst einige Großkunden von Cloud-Diensten haben erkannt, dass sie auf die
zentralen Produktivitätssuiten, die eben jene Software-Unternehmen kontrollieren, nicht verzichten können.“
Keine guten Voraussetzungen, um den Best-of-Breed-Ansatz, also die Nutzung der jeweils bestmöglichen Software-Lösung, zu verfolgen. Es scheint also Korrekturbedarf am Markt zu geben, wie die Software-Lizenzen im Detail ausgestaltet werden sollten. Ein konstruktiver Ansatz könnten die im Dezember 2021 veröffentlichten zehn Grundsätze für eine faire Software-Lizenzierung im Cloud-Bereich sein; erarbeitet von Cispe gemeinsam mit dem französischen Verband Cigref (Club Informatique des Grandes Entreprises Françaises):
So klar und durchaus logisch diese zehn Punkte erscheinen, so groß und mitunter technisch und juristisch komplex ist das Thema. Allein von rechtlicher Seite könnte es etliche Jahre dauern, bis Entscheidungen – wie im Fall Nextcloud – zu erwarten sind. Andere Ansätze lassen sich jedoch möglicherweise rascher lösen. So weist Francisco Mignorance darauf hin, dass das geltende Recht in Deutschland bereits notwendige Instrumente bietet, „um beispielsweise gegen das bei marktbeherrschenden Software-Unternehmen übliche ‚Bundling‘ vorzugehen. So bedarf es nicht einmal einer Reform des deutschen Wettbewerbsrechts oder dem Digital Markets Act, um diesen Praktiken Einhalt zu gebieten.“
Dieser Digital Markets Act (DMA) ist zwar noch auf dem Weg, aber bereits weit vorangeschritten: Am 15. Dezember gab das Europäische Parlament grünes Licht für die Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten. Inwieweit und wo es sich dann letztlich konkret auswirken wird, bleibt jedoch abzuwarten. Man kann aber davon ausgehen, dass das Thema in naher und mittelfristiger Zukunft noch in vielerlei Hinsicht zu diskutieren sein wird.
DMA und DSA |
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Mit dem Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, kurz DMA) will die Europäische Union die Marktmacht großer Online-Plattformen und Technologie-Unternehmen einschränken; auch unlauteren Praktiken wolle man so beikommen, wie es laut Angaben des Europäischen Parlaments heißt. Die vorgeschlagene Verordnung soll für die großen Unternehmen beziehungsweise Gatekeeper gelten, zum Beispiel soziale Netzwerke, Suchmaschinen, aber auch Cloud-Dienste. Ihre Durchsetzung soll durch die EU-Kommission in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden erfolgen. DMA ist in Abgrenzung zum Digital Services Act (DSA) zu sehen; bei diesem handelt es sich um einen parallelen Vorschlag zur Regulierung von Online-Plattformen. Er befasst sich unter anderem mit illegalen Inhalten und Algorithmen. |