Quantencomputer & Verschlüsselung

Zum Umdenken gezwungen

9. Juli 2020, 15:16 Uhr | Autor: Olaf Riedel / Redaktion: Diana Künstler
© kantver -123rf

Quantencomputer bedeuten das Ende herkömmlicher Verschlüsselungstechnologien. Aus diesem Grund sollten sich Unternehmen in Deutschland frühzeitig mit dieser technischen Revolution auseinandersetzen. Es braucht einen langfristigen, strategischen Ansatz in der Chefetage – und zwar schnell.

Wer sich mit Quantencomputern auseinandersetzt, der kann schon mal ins Staunen geraten: Eine neue Technologie, die wirkt, als stamme sie aus einem Science-Fiction-Film und die so mächtig ist, dass herkömmliche Großrechner ihr gegenüber wie analoge Rechenschieber wirken. Komplexe mathematische Probleme werden mit Quantencomputern plötzlich zum Kinderspiel. Und dies bleibt nicht nur Theorie, sondern kann für Unternehmen auch zu einem Risiko werden. Denn heute noch moderne und kaum zu knackende Verschlüsselungssysteme werden in der Praxis durch Quantencomputer zu trivialen Fingerübungen. Aus diesem Grund sollten Unternehmen in Deutschland unbedingt strategische Antworten auf die Frage „Was bedeuten Quantencomputer für die Verschlüsselung meiner Daten?“ finden. Sonst drohen sie, unter die Räder der sich anbahnenden technischen Revolution zu geraten – und das kann sich kein Unternehmen leisten.  

Hochgeschwindigkeit dank Qubits
Die Basis für Quantencomputer legte der US-amerikanische Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman. Um Daten mit einer bisher ungeahnten Geschwindigkeit verarbeiten zu können, machen solche Computer sich das Verhalten atomarer und subatomarer Partikel zunutze. Damit unterscheiden sich Quantencomputer grundlegend von klassischen Computern: Anstatt Daten in Form von Einsen oder Nullen zu speichern, verarbeiten Quantencomputer Informationen in sogenannten Qubits, die zur gleichen Zeit eine Eins oder Null sein können – das physikalische Phänomen der Superposition. Diese Qubits können verbunden und miteinander in Beziehung gesetzt werden, um ihre Leistung weiter zu steigern. Das Ergebnis: Quantencomputer können hochkomplexe Rechenaufgaben in kürzester Zeit lösen, für die selbst die schnellsten herkömmlichen Großrechner keine Lösung fänden, bevor – wortwörtlich – die Sonne erkaltet.

Das ist bereits eindrucksvoll genug. Hinzu kommt aber, dass solche mathematischen Probleme die Basis für die aktuell gängigen Verschlüsselungsmethoden darstellen. Deren Sicherheit beruht darauf, dass selbst Versuche, sie mittels höchster (herkömmlicher) Rechenkapazität zu lösen, viel zu lange dauern. Quantencomputer würden die aktuell verbreiteten Verschlüsselungen aber mit einem Schlag obsolet machen, da der Faktor Zeit dann keine Rolle mehr  spielt. Sicher ist: Quantencomputer verändern die Datenverschlüsselung wie wir sie kennen. Sie besiegeln das technologische Ende für den sicheren Datenaustausch und die sichere Aufbewahrung und sind damit eine enorme Herausforderung für Unternehmen, bei denen es hierauf ankommt – also für alle und zwar weltweit. Quantencomputer besitzen also ein enormes Disruptionspotenzial. Entscheider in Unternehmen sollten daher keine Zeit verlieren, das Thema zu priorisieren.

Lösungsansätze sollten zur Chefsache erklärt werden
Erste Lösungsansätze gibt es bereits. So sind beispielsweise Organisationen wie das National Institute of Standards and Technology (NIST), das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) und das American National Standards Institute (ANSI) dabei, entsprechende Quanten-Verschlüsselungsstrategien zu entwickeln. Kern dieser sogenannten Post-Quanten-Kryptografie sind hochkomplexe, alternative Verschlüsselungsverfahren, deren Lösung eben nicht auf reiner Rechenleistung aufbaut, sondern weitere Faktoren miteinbezieht. Damit Unternehmen bereit für Quantencomputer werden, sollte das Thema Datenverschlüsselung ganz klar zur Chefsache erklärt werden. Die Personen der Führungsspitze sind in der Verantwortung, Pläne zu entwickeln, um Quantencomputer fest in ihrer langfristigen Strategie zu verankern.

Dazu gehört auch, das nötige Know-how innerhalb der Organisation aufzubauen, in Forschung und Entwicklung zu investieren und die sich bereits am Horizont abzeichnenden Herausforderungen im Blick zu behalten. Eine Aufgabe, die nicht aufgeschoben werden kann und darf – gerade auch mit Blick darauf, dass amerikanische Unternehmen bereits Prototypen erster Quantencomputer entwickelt haben.

Tabelle: Schnell, schneller, Quantencomputer

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Wie schnell Quantencomputer wirklich sind, lässt sich am besten durch konkrete Aufgabenstellungen aus unterschiedlichen Bereichen verdeutlichen. Anbei eine theoretische Gegenüberstellung von herkömmlichen Rechnern und Quantencomputern.



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