2023 war ein starkes Jahr für den eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau. Zahllose Projekte wurden erfolgreich abgeschlossen. Davon profitieren Unternehmen und Privathaushalte. Doch zeichnete sich im vergangenen Jahr ein Umbruch ab.
Seit 2022 haben sich die Stressfaktoren für private Geschäftsmodelle verstärkt: Inflation – bei Material- und Personalkosten –, der damit einhergehende Zinsanstieg und eine massive Ausweitung der Breitbandförderung inklusive der dadurch bedingten kostentreibenden Effekte. Es zeigt sich, dass private Investoren das marktmächtige Unternehmen durch ihr flächendeckendes Auftreten angespornt haben, selbst in den Glasfaserausbau zu investieren.
Gut für Kunden, wenn dies in bislang nicht versorgten Gebieten erfolgt, schlecht für die Volkswirtschaft, wenn es durch faktischen Doppelausbau oder dessen Ankündigung geschieht.
Leider haben die staatlichen Institutionen 2023 versäumt, Anreize für privat finanzierten Glasfaserausbau zu schaffen oder aufrechtzuerhalten. Im Gegenteil: Eine Antwort auf die wettbewerbsschädigende Doppelausbaustrategie marktmächtiger Unternehmen sind Bundesregierung und Bundesnetzagentur seit März 2022 schuldig geblieben. Auch der im April 2024 veröffentlichte Monitoringbericht der Bundesnetzagentur dient nur als zeitlicher Verschiebebahnhof, nicht aber dem effektiven Zupacken.
Ähnlich sieht es bei der Gigabitförderung aus: Beide bisher verwendeten Förderrichtlinien haben zu massenhaften Markterkundungs- und Förderanträgen geführt, von denen nur ein Bruchteil förderbedürftig im Sinne eines ökonomischen Marktversagens war. Zudem finden die Förderverfahren zunehmend in primär eigenwirtschaftlich ausbaubaren Gebieten statt, da viele Kommunen nicht akzeptieren, dass der Glasfaserausbau nicht überall zeitgleich möglich ist.
Mit einem steuerfinanzierten Förderbetrag von circa 10.000 Euro pro auszubauender Adresse zuzüglich der eigenwirtschaftlichen Investitionen werden die Förderverfahren die Kostenspirale für die Bauressourcen weiter anheizen. Darüber hinaus ist absehbar, dass Förderprojekte in gut verdichteten Gebieten mit eigenwirtschaftlichem Ausbaupotenzial Projekte in weißen Flecken verdrängen werden.
Die Behandlung des Überbaus, die Förderthematik und die Verzögerung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes zeigen, dass die öffentliche Hand diese Fehlstellungen nicht beseitigen will oder kann. Unternehmen müssen sich dieser Situation anpassen. Die im Jahr 2021 geplante Steigerung der Ausbaugeschwindigkeit wird nicht kommen. Denn der reine Bau der Netze bringt keinen Ertrag, sondern bedeutet eine massive Vorfinanzierung künftiger Erträge. Diese Vorfinanzierung kostet mit realen Zinskosten auch reales Geld – zusätzlich zu den oben beschriebenen Kostensteigerungen. Unternehmen passen sich an, indem sie ihre Ressourcen von der Streckenleistung in die Aktivierung ihrer bestehenden Vertragskunden verlagern.
Politik und Verwaltung haben 2023 versäumt, die von ihnen zusätzlich zur Inflation geschaffenen Risiken einzudämmen. Zusätzlich zu dieser Belastung wachsen die bürokratischen Kosten, die alle Wirtschaftsunternehmen zu tragen haben. In den Folgejahren werden sich diese Versäumnisse in einer stark veränderten Dynamik des Glasfaserausbaus niederschlagen: konstanter Fortschritt bei ausgebauten Strecken (im besten Fall); dafür steigende Zuwachsraten bei tatsächlich angeschlossenen Kunden.
Wenn der Glasfaserausbau in Deutschland bis 2030 weiter privates Kapital anziehen und damit beschleunigt werden soll, ist Folgendes unerlässlich: die Beendigung des wettbewerbsgefährdenden Verhaltens marktmächtiger Unternehmen, eine effektive Anpassung und Priorisierung der staatlichen Gigabitförderung, eine Stärkung der Nachfrage nach Gigabit-Anschlüssen und die Vermeidung weiterer Kostensteigerungen durch Bürokratie.
Der Ausbau der Glasfasernetze in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren beschleunigt. Jetzt gilt es nachzusteuern, um die aktuellen Untiefen zu umschiffen und den positiven Trend fortzusetzen.
Süleyman Karaman ist Geschäftsleiter Geschäftskunden bei Deutsche Glasfaser Business.