Unter den Umfeldbedingungen der Chajnantor-Plateaus eine USV-Lösung zu realisieren, gestaltet sich allerdings nicht einfach. Größtes Problem ist die Höhenlage: Der geringe Sauerstoffgehalt der Luft reduziert die Kühlwirkung der USV-Lüftung, sodass entweder die vorgesehene Nennleistung verringert werden muss oder die USV nur noch bei deutlich reduzierter Außentemperatur betrieben werden kann. Darüber hinaus setzt die dünne Luft auch den USV-Batterien zu. Gemäß DIN EN 62040-3 müssen sie ohnehin nur bis zu einer Höhe von 1.000 Metern exakt innerhalb ihrer spezifizierten Werte arbeiten. Oberhalb von 5.000 Metern wird der Außendruck jedoch so gering, dass bei herkömmlichen Batterien sogar ein Ausfall der Batterieventile droht. Kapazität und Batterietypus der Unterbrechungsfreien Stromversorgung müssen deshalb präzise auf die besonderen Erfordernisse abgestimmt werden. Bei den ALMA-Teleskopen kam noch hinzu, dass die USV-Technik erdbebensicher sein musste und – wie auch alle anderen implementierten technischen Lösungen – den Empfang der elektromagnetischen Strahlungen nicht beeinträchtigen durfte. Zudem stand für die USV-Anlage von vorneherein nur eine geringe Stellfläche zur Verfügung.
Die für die elektrotechnische Ausstattung der Teleskope verantwortliche MT Mechatronics fragte angesichts der außergewöhnlichen Anforderungen mehrere USV-Hersteller um eine Lösung an. Eaton ging auf Vorschlag seines Technologiepartners Nobert Hogg vom Bremer IT-Dienstleister IPS mit dem USV-System »Eaton 9355 Marine« ins Rennen – einer kompakten dreiphasigen Doppelwandler-USV, die ursprünglich für maritime Umgebungen konzipiert ist und auf Schiffen und Bohrinseln eingesetzt wird. Nach einer annähernd zweijährigen Planungs- und Abstimmungsphase mit mehreren Bewerbungsrunden hat Eaton schließlich den Zuschlag und damit den Auftrag zur Ausrüstung der ALMA-Teleskope erhalten.
Dass die Wahl auf eine USV fiel, die ursprünglich für den Hochsee-Einsatz entwickelt wurde, ist auf den ersten Blick überraschend. Doch die Eaton 9355 Marine zeichnet sich durch hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Erschütterungen und starken Temperaturschwankungen aus, was sie über das maritime Umfeld hinaus auch für den Einsatz in erdbebengefährdeten Regionen mit hoher Tag-Nacht-Temperaturdifferenz qualifiziert. Die Schockabsorber etwa können selbst schwersten Erdbeben widerstehen, sodass die USVs auch in diesem Punkt eine besonders hohe Ausfallsicherheit garantieren können. Zudem zeichnen sich die Anlagen durch elektromagnetische Verträglichkeit nach IEC 60945 – dem Standard für maritime Navigationssysteme und Funkausrüstungen – aus und stellen dementsprechend auch für die Messgenauigkeit der Teleskope keine Bedrohung dar. Zusätzliches Plus der USV-Anlagen: auf Wunsch können sie in einem energiesparenden Hocheffizienz-Modus betrieben werden und erreichen dort Wirkungsgradwerte von bis zu 98 Prozent.