Cisco und Amprion kooperieren

Wie das Stromnetz der Zukunft aussehen könnte

24. April 2025, 11:16 Uhr | Jörg Schröper
Moderne Routed-Optical-Network-Technik(RON) ermöglicht eine erheblich schnellere und einfachere Datenübermittlung – rund 40-mal mehr Datenvolumen lässt sich auf der Glasfaserleitung transportieren.
© Cisco

Zur Modernisierung der Steuerung für das deutsche Stromnetz haben Cisco und Amprion mehrere Testprojekte durchgeführt. Sie sollten zeigen, ob sich bewährte Lösungen für WANs (Wide Area Network – Weitverkehrsnetze) aus dem IT-Bereich auch für die Systemführung von Stromübertragungsnetzen eignen.

Im Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung wird die Digitalisierung der Stromnetze als zentrales Vorhaben hervorgehoben. Geplant ist ein beschleunigter Rollout intelligenter Messsysteme (Smart Meter), um die Netze effizienter zu steuern und die Integration erneuerbarer Energien zu erleichtern.

Übertragungsnetzbetreiber wie Amprion bilden das Rückgrat der Energieversorgung in Deutschland. Nur Höchstspannungsnetze können große Mengen Strom mit geringen Verlusten über weite Strecken transportieren – unter anderem den in der Nordsee erzeugten Offshore-Strom über NRW bis nach Baden-Württemberg.

Im Rahmen der Energiewende verschiebt sich die Stromerzeugung von wenigen Großkraftwerken hin zu vielen dynamischen und kleinen Anlagen. „Wir gehen davon aus, dass zukünftig immer mehr Daten schnell übertragen werden müssen“, sagte Georg van de Braak, Leiter Hosting & Anwendungen bei Amprion. „Damit die zum Stromtransport so wichtige Netzinfrastruktur auch in Zukunft stabil funktioniert, testen wir in Partnerschaft mit Cisco den Einsatz moderner RON-Technologien. Das ist eine bedeutende technische Entwicklung für eine zuverlässige und flexible Stromversorgung in Deutschland.“

Auch neue Anwendungen aus dem Bereich der Virtual Reality, der Einsatz künstlicher Intelligenz sowie die Aufrechterhaltung der Cybersicherheit erfordern einen immer schnelleren Austausch wachsender Datenmengen. Zur Steuerung und Optimierung der Systemsteuerung kommt heute auch IT-Analyse und Automatisierung zum Einsatz: Aus Wetter-, Produktions- und Verbrauchsdaten wird die Auslastung der Stromnetze prognostiziert. Auf dieser Basis werden die Energieflüsse dynamisch vom IT-Netzwerk gesteuert. Laut dem „State of Industrial Networking Report 2024“ von Cisco sind KI und Cybersicherheit die beiden wichtigsten Technologien für Investitionen in Betriebstechnologien in den nächsten zwölf bis 24 Monaten.

Bislang erfolgt die Datenübertragung für Operational Technology (OT) und IT-Netze von Amprion über Glasfasern mit einer Regelgeschwindigkeit von 10 GBit/s, in wenigen Teilbereichen auch 100 GBit/s. Um den zu erwartenden Anforderungen an neue Protokolle und Lösungen in der Steuerungs- und Regelungstechnik zu entsprechen, wird eine Weiterentwicklung der bisher eingesetzten Technik auf Basis von MPLS-TP (Multiprotocol Label Switching – Transport Profile) oder SDH (Synchrone Digitale Hierarchie) evaluiert. Diese bisherigen Techniken zur Datenübertragung werden in Zukunft voraussichtlich jedoch nicht mehr ausreichen. 

400G-RON-Modul

Moderne Routed-Optical-Network-Technik(RON) ermöglicht eine erheblich schnellere und einfachere Datenübermittlung – rund 40-mal mehr Datenvolumen kann auf der Glasfaserleitung transportiert werden. Gemeinsam mit Cisco prüft Amprion darum den Einsatz von RON auf seiner Bestandsinfrastruktur. Dabei handelt es sich um Glasfaser auf Freileitungen, die mechanischen und thermischen Umwelteinflüssen ausgesetzt sind. Ziel ist es, die Standard-Bandbreite auf mindestens 400 GBit/s zu erhöhen, ohne auf die bisherige hohe Übertragungsqualität zu verzichten. 

Der durchgeführte Proof of Concept (PoC) habe die angestrebten Ergebnisse mit der eingesetzten Technik von Cisco und Amprion eindrucksvoll bestätigt, so die Beteiligten. Die circa 60 Kilometer lange Teststrecke mit Teilstücken unterschiedlichen Alters wurde über mehrere Monate unter verschiedenen Wetterbedingungen und energietechnischen Belastungen der Übertragungsleitung betrieben. Alle Werte waren im normalen Bereich und zeigten keine Fehlersituationen oder kritische Zustände auf.

Optimierte Betriebsführung, Automation und Überwachung 

„RON-Technologien sind eine bedeutende technische Entwicklung für eine zuverlässige Stromversorgung in Deutschland“, erklärte Dr. Hendrik Neumann, CTO bei Amprion. „Sie können dazu beitragen, dass die zum Stromtransport so wichtige Netzinfrastruktur auch bei zunehmenden Kommunikationsprozessen und Informationsmengen stabil und zuverlässig funktioniert.“

„Wir sind sehr stolz, Amprion mit unseren innovativen Lösungen bei den großen Aufgaben der Energiewende zu unterstützen“, ergänzte Sven Terwedow, Mitglied der Geschäftsführung von Cisco Deutschland. „Die Testergebnisse zeigen, dass die hohe Qualität und Innovationskraft der Cisco-Technologie hier ein neues Level für Konnektivität in einem äußerst anspruchsvollen Umfeld ermöglicht.“

Für die Implementierung der RON-Technologie sind keine neuen Glasfaserleitungen notwendig. Es reicht aus, die bestehende Glasfaserleitung im Höchstspannungsnetz durch neue Technik an den Anfangs- und Endpunkten zu ertüchtigen. Bisher galt dies als technisch äußerst schwierig. Zum Einsatz kommen unter anderem moderne Konzepte der Halbleiterfertigung.
 


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