In naher Zukunft wird Apple das gleiche Schicksal wie Nokia erleiden. Der Handy-Weltmarktführer Nokia hat seinen Gewinn im ersten Quartal bei leichtem Umsatzwachstum zwar deutlich gesteigert. Die Börse reagierte dennoch verschnupft und schickte die Aktie auf Sinkflug.
»Wer an der Spitze steht, kann nur verlieren«. Mit dieser alten Weisheit aus dem Management-Lehrbuch ist gegenwärtig der finnische Nokia-Konzern konfrontiert. Während Apple ausgerechnet in Nokias Kernmarkt Mobility wie kein anderes Unternehmen die Aufmerksamkeit auf sich zieht und einen gigantischen Quartals-Rekord nach dem anderen einfährt, steht Nokia da wie das Aschenputtel. Der Kurs der Nokia-Aktie sank nach Bekanntgabe der letzten Zwischenbilanz um mehr als zehn Prozent, obwohl Umsatz und Gewinn gestiegen sind.
Während man angesichts des aktuellen iPad-Medienhypes den Eindruck gewinnen kann, die ganze Welt warte auf den Tablet PC wie kleine Kinder auf den Weihnachtsmann, befindet sich das Image von Apple längst im freien Fall. Apple ist nämlich nicht mehr das kleine, sympathische Underdog-Unternehmen, das gegen die Monopolstellung von Microsoft ankämpft und überdies noch schicke Design-Computer baut.
In Folge des gigantischen iPod-/iPhone-/iPad-Erfolgs ist aus dem netten Nischenanbieter Apple längst ein Mainstream-Multi geworden. Der Kultstatus der Produkte beginnt zu bröckeln: Die Nachfrage nach dem iPod lässt bereits nach, die iPhone-Verkäufe bleiben unter den Analysten-Erwartungen. Die mobile i-Welt ist weitgehend proprietär, was Mainstream-Kunden auf Dauer nicht akzeptieren werden. Weder mit der Provider-Bindung des iPhone noch mit der Anti-Flash-Politik bei iPhone und iPad macht sich Apple derzeit Freunde. Schon lange sind Entwickler sauer auf Apples rigide App-Politik. Und auch der Handel ist wenig entzückt angesichts von Lieferverzögerungen und der Expansion der eigenen Shop-Kette.
Nokia hingegen hat zwar den Touchscreen-Smartphonemarkt verschlafen und leidet jetzt darunter, kein Hype-Handy wie das iPhone im Portfolio zu haben. Jeder Hype hat jedoch auch ein Ende, was Apple mangels Produkt-Alternativen einen kräftigen Absturz bescheren könnte. Das Unternehmen Nokia bringt hingegen anders als Apple nicht ein, sondern dutzende Mobiltelefone pro Jahr auf den Markt. Mit der Unterstützung der Symbian-Plattform ist Nokia weitaus weniger proprietär aufgestellt. Als einziges Unternehmen unter den klassischen Mobilfunk-Herstellern hat Nokia mit dem »Ovi«-Store ansatzweise ein Äquivalent zu Apples iTunes-Store geschaffen und vor allem die Bedeutung und das Potenzial des Software-Geschäfts erkannt. Nokia ist im Mobilfunkmarkt weitaus stärker verankert als Apple und betreibt im Vergleich zu Apple eine engagierte Fachhandelspolitik.
Kurzum: Die Finnen sind aufgrund ihres langjährigen Markterfolgs wohl etwas träge geworden, machen aber grundsätzliches vieles richtig. Früher oder später werden sie wohl auch dem iPhone ernsthaft Paroli bieten. Apple hingegen surft zwar seit mehreren Jahren geschickt auf der Erfolgswelle, läuft aber aufgrund seiner Walled-Garden-Firmenpolitik und der Expansionspläne im Werbemarkt Gefahr, ähnlich wie einst Microsoft und aktuell Google zum Hassobjekt zu werden. Dass sich ein Image-Problem früher oder später auch auf die Geschäftszahlen auswirkt, kann man bei Nokia den Apple-Managern bestimmt bestätigen.