Das Geschäftsmodell Cloud entwickelt sich weiter: Auf die neuen Kundenanforderungen reagieren die Anbieter mit immer passgenaueren Angeboten.
Unternehmen, die frühzeitig neue Technologien aufgreifen, sind häufig erfolgreicher als ihre direkten Wettbewerber, davon ist Marketing-Stratege Prof. Dr. Jens Böcker überzeugt. Vor diesem Hintergrund sind Cloud-Lösungen als Kerntechnologie zu sehen: Sie bieten die Möglichkeit, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und exis-tierende Prozesse zu optimieren, um Wettbewerbsvorteile für Unternehmen abzusichern. Besonders deutlich wird dies bei Software-as-a-Service- (SaaS)-Angeboten, bei denen sich ein stärkeres Zusammenspiel zwischen den Cloud-Anbietern, Netzbetreibern und den Nutzern von Cloud-Lösungen abzeichnet. Um sich dabei im Markt erfolgreich zu positionieren, entwickeln Anbieter die Vermarktung von SaaS-Lösungen zunehmend zum Beratungsgeschäft.
IaaS als Handelsware an der Börse
Spannend ist die neue Entwicklung einer Exchange-Plattform für IaaS-Ressourcen (Infrastructure-as-a-Service). Cloud-Infrastrukturen gibt es bald als handelbare Ware wie Wertpapiere, Energie oder Rohstoffe. Das ist ein spannendes Geschäftsmodell, an dem die Gruppe Deutsche Börse als Joint-Venture-Partner beteiligt ist. Diese Plattform wird eine Weiterentwicklung hin zu Standardisierung und neutraler Qualitätssicherung darstellen. Die 2013 ge-gründete Deutsche Börse Cloud Exchange steht hinter dem ersten internationalen Handelsplatz dieser Art.
Eine solche Handelsplattform wird mit einer aggregierten Angebotsübersicht die Konfiguration und Beschaffung einer Cloud-Lösung deutlich vereinfachen, meint Maximilian Ahrens, Chief-Technology-Officer bei Deutsche Börse Cloud Exchange. Die Basis-IaaS-Infrastrukturkomponenten (Compute, Memory und Storage) können über solch einen Marktplatz zentralisiert angeboten und zielgerichtet eingekauft werden. Bernino Lind, Chief-Operations-Officer von Cloud Sigma, ebenfalls bei der Entwicklung der Plattform involviert, beschreibt den Ansatz folgendermaßen: „Man überführt Infrastructure-as-a-Service-Komponenten in so genannte ,commodities‘, das heißt in transparent handelbare Waren. Die Börse fungiert dabei als Standardisierungskatalysator.“ CTO Ahrens sieht genau in dieser gewünschten „Kommoditisierung“ mit neutral gesichertem Qualitätsstandard die zentrale Aufgabe und Verantwortung des Unternehmens.
Die Übertragbarkeit von Daten zwischen Providern soll durch standardisierte Schnittstellen und Cloud-Management-Software ermöglicht werden. Dazu bedient sich die Börse einer Technologielösung des deutschen Softwareunternehmens Zimory, das zugleich Joint-Venture-Partner ist. Eine offene Schnittstelle zwischen den Infrastrukturen der Lieferanten und der potenziellen Kunden, der Cloud-Nutzer, wird bereitgestellt. So können aus Konsumentensicht verschiedenste Provider über eine Schnittstelle integriert werden.
Darüber hinaus will man durch das Konzept der wählbaren „Governing-Regions“, die mit Start des Marktplatzes Deutschland die EU und die USA einschließen, sicherstellen, an welchem Ort Daten gespeichert und verarbeitet werden. Die Kombination von Asset-Klassen und -Parametern, wie Standort oder Leistungsgrad der Ressourcen, führt zu einer Vielzahl von Produkten. Kunden können auf den standardisierten Infrastrukturen Mehrwertleistungen erbringen – wie etwa eigene SaaS-Lösungen oder Desktop-as-a-Service. Ein OTC-Handel (Over-the-Counter) ermöglicht zudem einen noch höheren Individualisierungsgrad. Der Markt-platz bietet neben dem Handel auch Zahlungsdienstleistungen an. Zudem stellt er Monitoring-Tools zur Verfügung, um eine ordnungsgemäße Erbringung der Services zu überwachen.
Zentral Grundvoraussetzung für die Marktakzeptanz und den Erfolg dieser Börse wird eine Standardisierung der Leistung sein. Qualitätsvorgaben durch Service-Level-Agreements (SLAs) müssen von Lieferanten erfüllt werden, um an dem Spot-Market teilnehmen zu dürfen. Der TÜV Rheinland ist als Projektpartner bei der Definition der Qualitätsmerkmale federführend. Lieferanten für die Verkäuferseite sind Cloud- und Hosting-Anbieter sowie IT-Service-Provider. Als Käufer kommen Enterprise-Kunden, die Cloud-Leistungen einsetzen, infrage. Eine wichtige Zielgruppe sind SaaS-Anbieter, deren Geschäftsmodelle durch die Nutzung von Cloud-Dienstleistungen und -Infrastrukturen ermöglicht werden.
Strategisches und ehrgeiziges Ziel der Deutschen Börse Cloud Exchange ist es, eine funktionierende IaaS-Handelsplattform zu erschaffen, die von der Transparenz des Preis-Leistungs-Verhältnisses sowie von der schnellen Verfügbarkeit lebt.