Neue Geschäftsmodelle wie "X as a Service", aber auch Treiber wie Industrie 4.0, BI oder Cloud haben nicht unerheblichen Einfluss auf den ITK-Markt. Welche Herausforderungen sich daraus für Hersteller und Anbieter ergeben, erläutert Stefan Herrlich von Lancom Systems im funkschau-Interview.
funkschau: Welchen Stellenwert hat ein Gütesiegel wie „Made in Germany“ angesichts der genannten Entwicklungen überhaupt noch?
Stefan Herrlich: Sollen Netze aus einer Public Cloud gemanagt oder auch neue Geschäftsmodelle wie Infrastructure-as-a-Service angeboten werden, kommt den Rahmenbedingungen eine zentrale Rolle zu: Ohne Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Vertrauen, Sicherheit und Datenschutz lässt sich die Digitalisierung nicht vorantreiben. Beim Netzwerkmanagement in der Cloud, sofern diese nicht im eigenen Rechenzentrum des Kunden betrieben wird, werden beispielsweise auch sämtliche Passwörter der Geräte, WLAN- und VPN-Keys in der Management-Cloud bei einem externen Dienstleister verwaltet. Es ist deshalb von entscheidender Bedeutung, dass der Anbieter mindestens europäischem, besser deutschem Datenschutzrecht unterliegt und die Dienste in hiesigen, redundaten Rechenzentren gehostet werden. Alte Unterscheidungen, wie die zwischen Software und Hardware, entsprechen nicht mehr der Realität. Das eine funktioniert nicht ohne das andere. Das Gütesiegel „Made in Germany“ soll also durchaus vollumfänglicher gelten und beispielweise auch mit „Hosted in Germany“ gleichgesetzt werden.
funkschau: Lancom Systems steht nach eigener Aussage für vertrauenswürdige Netzwerklösungen „Made in Germany“. Was verstehen Sie unter dem Begriff? Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem 15-jährigen Bestehen mit dem Label gemacht?
Herrlich: Seit der Gründung 2002 ist der Grundsatz „Made in Germany“ fest in der Firmenphilosophie von Lancom verankert. Dies gilt für die Entwicklung der Produkte einschließlich der Hard- und Software ebenso wie für die Fertigung, die fast ausschließlich hierzulande stattfindet, sowie alle Beratungs- und Support-Dienstleistungen. Die Vorteile sind vielfältig: So ist die TCO (Total Cost of Ownership) durch problemlosen 24/7/365-Betrieb und lebenslange kostenlose Software-Updates mit allen zukünftigen Innovationen wesentlich niedriger als bei Wettbewerbern. Im Gegensatz zur allgemeinen Meinung ist also „Made in Germany“ keineswegs automatisch mit höheren Kosten für die Kunden gleichzusetzen. Ein weiteres Beispiel ist die Qualität, die gemeinhin mit „Made in Germany“ in Verbindung gebracht wird.
Doch es gibt noch zahlreiche andere Aspekte, von denen die Kunden profitieren. Schnelle Verfügbarkeit beispielsweise: Viele der Lancom-Kunden planen ihre Projekte von langer Hand, doch die Umsetzung erfolgt manchmal schneller und in größerem Umfang als ursprünglich angedacht. In solchen Fällen lassen sich die Produktionskapazitäten einfach hochfahren. Lancom ist in der Lage, in kürzester Zeit zu fertigen und zu liefern. Schließlich muss die Hardware nicht aus anderen Erdteilen importiert werden. Für Kunden ist das ein unschätzbarer Vorteil.
Nicht zuletzt bietet „Made in Germany“ selbstverständlich auch in puncto Sicherheit Vorteile. Software und Hardware aller Lancom VPN- und WLAN-Produkte werden in der Zentrale in der Nähe von Aachen entwickelt. So können flexibel und schnell Feature-Requests von Kunden in das selbst entwickeltes Closed Source Betriebssystem LCOS integriert werden, die dann allen Lancom-Kunden nach Release einer neuen Version zur Verfügung stehen. Außerdem kann Lancom bereits bei der Entwicklung auf höchste Sicherheitsstandards achten und bei etwaigen neuen Bedrohungen Schutzmechanismen umgehend in sein Betriebssystem LCOS einbauen. Damit profitieren sowohl Kunden als auch Lancom selbst vom deutschen Datenschutzverständnis.
funkschau: Das Qualitätssiegel hat bereits viele Krisen erfahren und erfolgreich gemeistert – Stichwort Abgas-Skandal beispielsweise. Was muss passieren, damit Qualität auch in 20 Jahren noch zentrales Differenzierungsmerkmal und Erfolgsprinzip der deutschen Wirtschaft am Weltmarkt ist?
Herrlich: Im Zeitalter der Globalisierung enthalten mehr Produkte als früher Teile aus anderen Ländern. Die Hersteller begründen die Verwendung des Gütesiegels „Made in Germany“ bei Produkten, die ganz oder teilweise im Ausland gefertigt werden mit Forschung, Design und Qualitätssicherung, die in Deutschland angesiedelt sind und deutschen Wertvorstellungen und der Intention des Gütesiegels entsprechen. Diese Argumentation ist sinngerecht und logisch. So passt sich das Gütesiegel an die sich verändernden Entwicklungs- und Produktionsprozesse an und steht doch für „Qualität aus Deutschland“.