Die Umstellung von ISDN auf VoIP treibt gerade viele Unternehmen um. Für so manchen die passende Gelegenheit, den bisherigen Provider einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Ähnlich wie beim Mobilfunktarif haben Kunden auch bei der Wahl des richtigen VoIP-Anbieters ein breites Feld von Anbietern.
funkschau: Herr Schern, worauf genau sollte man denn bei der Wahl des passenden VoIP-Anbieters achten?
Bastian Schern: Guter Service ist am wichtigsten. Ob der Anbieter guten Service leistet, offenbart sich dem Kunden allerdings meistens erst, wenn er schon Kunde ist. Nämlich spätestens dann, wenn schnelle Hilfe gefragt ist. Guter Service zeichnet sich vor allem durch kurze Wartezeiten und technisch versierte Ansprechpartner aus. Das können viele Anbieter oftmals nicht leisten, da sie den Support an externe Firmen auslagern. Diese sind wiederum für die Schulung ihrer Mitarbeiter zuständig. So kommt es, dass Kunden mit technischen Problemen beim sogenannten 1st-Level-Support landen, der das Problem zwar aufnehmen, aber selbst nicht weiterhelfen kann. Das Ticket wird dann weiter in den technischen Support gegeben. Dies kann manchmal mehrere Stunden oder gar Tage dauern. Deshalb ist es ratsam, bereits vor Vertragsabschluss den Kundenservice in Anspruch zu nehmen und den Kollegen auch technische Fragen zu stellen. So lässt sich erkennen, wie der Support geschult ist und ob er eventuell sogar ins Ausland ausgelagert wurde.
Zusätzlich sollten Interessenten sich darüber informieren, welche Sicherheitsbestimmungen im Unternehmen gelten. Steht der Server in Deutschland und unterliegt somit der deutschen DSGVO oder befindet er sich im Ausland? Dort haben Unternehmen oftmals nur wenig Kontrolle darüber, was mit ihren Daten passiert. Die Server sollten zudem mehrfach redundant ausgelegt sein und sich in verschiedenen Rechenzentren befinden, um mögliche Hackerangriffe abzufedern.
Und last but not least, ist auch die Sprachqualität ein wichtiges Entscheidungskriterium, denn diese ist nicht bei allen Anbietern gleich gut. Um herauszufinden, wie die gut Sprachqualität ist, können Interessenten im Systemhaus ihres Vertrauens nachfragen oder sich direkt beim Anbieter einen Testaccount besorgen.
funkschau: Gibt es auch unter den VoIP-Anbietern schwarze Schafe? Und falls ja, wie kann ich diese als B2B-Kunde identifizieren? Welche Vertragsformulierungen sollten einen aufhorchen lassen?
Schern: An Vertragsklauseln lässt sich ein schlechter Provider nur schwer identifizieren. Allerdings bieten Provider, die von ihrer Technik und ihrem Service überzeugt sind, kostenlose Testaccounts an. So können Kunden die Software vorab ausführlich testen und auch schon den Support in Anspruch nehmen. Außerdem sollten sie prüfen, ob der Provider flexible Laufzeiten anbietet. Anbieter, die großen Wert auf Qualität legen, scheuen sich nicht, auch flexible Laufzeiten anzubieten, denn sie gehen davon aus, den Kunden von ihrer Leistung zu überzeugen und so als langjährigen Kunden zu gewinnen. Natürlich gilt auch, je länger der Anbieter am Markt ist, desto mehr Erfahrung hat er. Hier sollte man aber auch auf die Empfehlung der Systemhäuser vertrauen, die mit einer Vielzahl an Anbietern zusammenarbeiten.
funkschau: Telefonie ist mitunter geschäftskritisch, doch allzu oft kämpfen Firmen mit einem Ausfall der Internetverbindung und damit auch der Aufrechterhaltung der Unternehmenskommunikation. Inwiefern können besonders kleine Anbieter gegenüber größeren dann ihre Vorteile ausspielen?
Schern: Was viele nicht wissen, kleinere Anbieter haben oftmals weniger Ausfälle. Das rührt einfach daher, dass kleine Unternehmen in der Regel mit einer Multi-Carrier-Anbindung arbeiten. Sie nutzen also mehrere Netzbetreiber, um Daten an den Kunden zu übermitteln. Fällt ein Carrier aus, gibt es noch genug Carrier als Back-up. Große Provider hingegen sind in der Regel auch der Netzbetreiber. Kommt es dort zum Ausfall, gibt es oft keine oder nur wenige Back-up-Möglichkeiten. Für mehr Sicherheit können Kunden sich zusätzlich eine zweite Internetleitung besorgen.
funkschau: Wann – unabhängig davon – spielt die Größe des Anbieters noch eine Rolle?
Schern: Wir haben von vielen unserer Kunden und Partner die Rückmeldung erhalten, dass die Rufnummernmitnahme zu uns sehr unkompliziert ist. Man muss bedenken, dass Rufnummernportierungen bei einem Anlageanschluss wesentlich komplexer sind als beim Mobilfunk. Dort sind die Vorgänge standardisiert. Das ist bei der Portierung eines Anlagesanschlusses nicht der Fall und die Umstellung funktioniert nicht immer einwandfrei. Das liegt bei großen Anbietern oft daran, dass es keinen Ansprechpartner gibt, der die Portierung von Anfang bis zum Ende begleitet und immer über den aktuellen Status informiert ist. Zudem wird eine fehlerhafte Portierung vom neuen Provider erst bearbeitet, wenn ein Fehler im System auftritt oder vom abgebenden Provider zurückgemeldet wird. Bei kleinen und mittelständischen Anbietern gibt es meist konkrete Portierungsverantwortliche, die den Status der Portierung regelmäßig proaktiv prüfen und bereits während des Prozesses einschreiten können.