funkschau: Wie weit sind wir noch davon entfernt, dass die Technologien Mainstream werden?
El-Meligi: Meiner Meinung nach sind wir nicht mehr weit davon entfernt. Die Oculus Go, ein VR-Headset zu einem Preis von circa 200 Euro, war nach dem Verkaufsstart Anfang Juni in China innerhalb von Minuten ausverkauft. Die Zahl der VR-Nutzer auf der Internet-Vertriebsplattform Steam stieg im letzten Jahr um 160 Prozent. Die Entwicklung im VR-Bereich schreitet rasant voran und es scheint, als würden alle namhaften Hersteller an Lösungen arbeiten. Ich denke, Sony wird mit der Playstation-VR-Hardware einen entscheidenden Beitrag Richtung Mainstream leisten, da der Nutzen im Gaming klar und die Content-Vielfalt und Reichweite sehr groß ist. Große Namen wie Nvidia und Qualcomm arbeiten bereits an der nächsten Generation von VR optimierten Grafikchips und Prozessoren. Samsung, LG und Varjo entwickeln derzeit ultrahochaufgelöste Displays, die die Qualität von VR und AR signifikant steigern werden.
funkschau: Was sind Treiber der Technologien?
El-Meligi: Natürlich ist Gaming dank Playstation ein primärer Treiber im VR-Bereich, für AR gilt Pokémon Go als gutes Beispiel. Speziell Tools und Services profitieren von der AR-Technologie: So kann man mit der App „IKEA Places“ neue Möbel virtuell in der eigenen Wohnung platzieren, während man mit dem AR-Shopping Feature von Amazon zum Kauf beabsichtigte Elektrogeräte schon mal auf optische Wirkung in der heimischen Küche prüfen kann. Und wer den Weg zum Terminal sucht: Die American Airlines App zeigt Passagieren den Weg. Man sieht: Die Treiber der Technologie kommen aus ganz verschiedenen Branchen und potenziellen Einsatzgebieten.
funkschau: Wird VR/AR mitunter zu schnell auf die Datenbrille reduziert?
El-Meligi: Anfänglich mag das vielleicht der Fall gewesen sein, aber mittlerweile sollte sich auch außerhalb der Zielgruppe „Digital Natives“ oder „Gamer“ herumgesprochen haben, welche vielseitigen Möglichkeiten es für den Einsatz von VR und AR gibt.
funkschau: Wann amortisieren sich VR- und AR-Lösungen?
El-Meligi: Das ist meiner Meinung nach zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer vorherzusagen und hängt davon ab, in welchem Bereich die Anwendungen eingesetzt werden. Fest steht, dass vor allem diejenigen Unternehmen und Marken von der VR-Technologie profitieren, die auf eine starke Produktpräsentation und ihre Darstellung im Raum setzen. Virtuelle 3D-Welten und Räume werden genutzt, um Produkte zu visualisieren, zu konfigurieren und Anwendungsszenarien zu simulieren. So können Unternehmen beispielsweise große Maschinen für den Nutzer erlebbar machen, ohne das teure Equipment tatsächlich vor Ort zu haben und so direkt Geld einsparen.
funkschau: Sind besonders kostenintensive Konsumgüter für VR prädestiniert? (Beispiel Autodesign, Immobilien, Reisen)
El-Meligi: Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass gerade hochpreisige Produkte und speziell Konsumgüter für VR prädestiniert sind. Faktisch kann die Nutzung von VR jedoch nicht am Preis festgemacht werden. VR macht immer dann Sinn, wenn das Produkt entweder vom Kontext oder von der naturgetreuen Darstellung profitiert. Das Beispiel einer Reise ist passend, aber auch ein Freizeitpark oder Museum könnten sinnvoll sein, ohne dass es zwingend kostenintensiv sein muss. Ebenso macht die Konfiguration eines Autos Sinn, es könnte aber genauso gut ein Gartenhaus oder Campingzelt sein. Hier sollte vor allem der Nutzen für den Kunden oder User im Vordergrund stehen. Daher lohnt es sich, zunächst immer erst über die User Story nachzudenken, um dann festzustellen, ob und inwiefern ein Mehrwert gegeben ist.