Cloud- oder Hardware-Telefonanlage? Wer auf eine neue Telefonie-Lösung umsteigen will, sollte auch Soft-PBX-Systeme in Betracht ziehen. Sie stellen eine flexible Alternative und den ersten Schritt auf dem Weg in die Cloud dar – gehen aber auch mit einem herausfordernden Integrationsprozess einher.
Der Abschied naht. Nach knapp 30 Jahren soll es 2018, spätestens aber 2022, soweit sein: Das Integrated Services Digital Network, kurz ISDN, gehört hierzulande der Vergangenheit an und weicht dem IP-Netz, das große und kleine Betreiber schon seit einiger Zeit vorantreiben. Für die Unternehmenswelt geht mit dem Wechsel ein weitreichender Umbruch einher. Immerhin gibt es vom Telefon bis hin zur Alarmanlage verschiedenste Geräte, die noch auf ISDN basieren.
Es entsteht Handlungsbedarf, besonders in Hinblick auf Telefonanlagen. Ist die PBX nicht IP-ready, bleibt am Umstellungstag die Leitung tot, was im besten Fall einen unliebsamen Ausfall, im schlimmsten Fall jedoch eine geschäftskritische Störung darstellt. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, genau zu prüfen, über welche Infrastruktur die Gespräche laufen und ob diese zukunftssicher ist. Ist der Austausch letztlich die einzige Option, bleibt die Qual der Wahl: eine klassische Telefonanlage oder die Migration in die Cloud und damit der Umstieg auf eine IP-Centrex-Lösung. Mit softwarebasierten Systemen, die auf Servern vor Ort betrieben werden, etabliert sich darüber hinaus jedoch zusehends eine Variante, die für viele Unternehmen eine interessante Alternative darstellen könnte. „Wir verzeichnen aktuell bei uns ein wachsendes Interesse an softwarebasierten Telefonanlagen“, erklärt Udo Thermer, Head of Product Development bei Byon, einem Anbieter verschiedener Anlagen-Technologien, der um die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Varianten weiß. „Viele Unternehmen stellen sich die Frage, ob sie bei der IP-Umstellung nicht gleich den nächsten Schritt gehen sollen.“
Flexibilität und Skalierbarkeit
Doch was unterscheidet eine sogenannte Soft-PBX von den technischen Mitbewerbern? Die Telefonanlage verzichtet auf eine dedizierte Hardwarekomponente und wird stattdessen als Software in einer virtuellen Umgebung auf einem Server dargestellt. „In den meisten Fällen ist ein Windows-Server die Grundlage“, erklärt Thermer. Server ist hier wiederum ein weiter Begriff. Der Soft-PBX-Anbieter 3CX wirbt beispielsweise damit, dass seine Anwendung auch auf einem Mini-PC betrieben werden könne, der nicht mehr als 100 Euro kosten soll. Gerade bei einer geringen Anzahl paralleler Gespräche sind die Kosten überschaubar, sie steigen aber entsprechend mit den Anforderungen. „Weitere Hardware ist darüber hinaus aber keine vonnöten“, sagt Marcus Kogel, Sales Manager EMEA bei 3CX. Selbst Tisch- und IP-Telefone seien optional, da Nutzer stattdessen Softphones oder Smartphone-Clients nutzen könnten.
Flexibilität und Skalierbarkeit stellen die großen Vorteile einer Soft-PBX-Lösung dar. Neue Nebenstellen könnten einfach eingerichtet und konfiguriert werden, wie Thermer beschreibt. Darüber hinaus ist gerade in kleinen Unternehmen die nötige Infrastruktur oft schon vorhanden. „Unternehmen, denen die Infrastruktur fehlt, sollten sich hingegen eine lokale Lösung genauer anschauen“, so der Byon-Manager. „Unternehmen, die schnell wachsen oder öfters Anpassungen vornehmen wollen, sollten aber definitiv eine Software-Lösung in Betracht ziehen.“
Nicht zu unterschätzen ist bei diesem Schritt allerdings die Abhängigkeit der Telefonanlage vom Betriebssystem und den verknüpften Anwendungen. Müssen beispielweise Updates aufgespielt werden oder ist ein Server-Neustart notwendig, dann ist auch die Leitung stumm. Je nachdem, wie kritisch die Telefonie für ein Unternehmen ist, kann eine Hardware-Lösung die Nase klar vorne haben. Beim Thema Ausfallsicherheit soll wiederum die Soft-PBX punkten – jedoch nur in Verbindung mit vorhandenen Lösungen. Denn viele Unternehmen setzen bereits auf Failover- oder Backup-Mechanismen, die im Störungsfall auch bei der Telefonanlage greifen. So würden sowohl Ausfallzeiten des Systems verkürzt als auch dem Datenverlust entgegengesteuert, erklärt Kogel.