Digitale Transformation

Digitalisierung ist kein Selbstzweck

18. Juli 2018, 9:22 Uhr | Autor: Frank Engelhardt / Redaktion: Sabine Narloch

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Transformation der Unternehmenskultur

Auch bei Flixbus zeigt sich also: Die (Neu-)Ausrichtung des Unternehmens auf eine exzellente Kundenerfahrung ist Chefsache. CEOs und die Führungsebene müssen das strategische Fundament für den Aufbau einer kundenzentrierten Organisation gießen. Um veränderte Verhaltensweisen und Erwartungen der Kunden neu zu bedienen, müssen die kundenseitigen Funktionen, mitunter die gesamte Unternehmenskultur, dahingehend transformiert werden. Einer der ersten Schritte ist, vor allem intern den Begriff Kundenzentriertheit mit einer eindeutigen Bedeutungsebene zu versehen. Damit lässt sich sicherstellen, dass jede Kollegin und jeder Kollege in der Organisation das gleiche Verständnis davon hat. Hier hilft als erster Orientierungs- und Ansatzpunkt die Besinnung auf den erwähnten „Reason why“. Dazu gehört auch ein neues Rollenverständnis und die Veränderung von Arbeitsweisen: Teams und Abläufe werden neu strukturiert, klassische Hierarchien weichen Kollaboration in Team- oder Matrix-Strukturen, Entwicklungsprozesse und traditionelle Projektvorgehensweisen verabschieden sich zugunsten von Agilität und Geschwindigkeit vom Wasserfallprinzip. Auch dieser Wandel in den Köpfen will gestaltet und vor allem vorgelebt werden. Dieses neue Verständnis geht Hand in Hand mit der Umgestaltung des Geschäftsmodells.

Geschäftsmodelle neu erfinden
Ein weiterer Kernpunkt einer zukunftsorientierten Kundenzentrierung liegt darin, den Kunden zu führen, und nicht, ihm zu folgen. Bereits diese Haltung impliziert, dass es längst nicht ausreicht, exzellente Produkte zu bauen. Die Kundenerfahrung macht den wesentlich größeren Unterschied und bestimmt damit zunehmend die Differenzierung eines Unternehmens vom Wettbewerb im digitalen Zeitalter. Entscheidend ist also nicht, zu liefern, wonach der Kunde fragt, sondern herauszufinden und zu antizipieren, was die Kunden begeistert und dafür die geeignete Lösung zu finden. Letztere muss frühzeitig als „Minimum Viable Product” getestet und die gesamte Kundenerfahrung agil mit erhaltenem Feedback weiter verfeinert werden. Dass dies nicht über eine einfache Kundenbefragung oder gar mittels Bauchgefühl gelingen kann, ist offenkundig. Die Grundlage dafür sind Informationen. Nur auf valider Datenbasis kann es gelingen, Bedürfnisse und Erwartungen zu identifizieren und faktenbasierte Entscheidungen zu treffen, um eine exzellente Kundenerfahrung und somit Kundenerfolg zu gestalten. Diese Entscheidungen bestimmen letztlich die richtigen Geschäftsmodelle eines Unternehmens.

Vom Tech zum People Business
Eine gute Illustration einer von der Unternehmensführung strategisch vorangetriebenen Transformation des Unternehmens aus Sicht des Kunden liefert der Aufzug- und Rolltreppenhersteller Kone. Durch iteratives Hinterfragen des Unternehmenszweckes wurde klar: Kone ist nicht Maschinenanbieter, sondern betreibt vielmehr ein „People Business“: Eine Milliarde Menschen weltweit befördert das Unternehmen täglich. Eigentlich ist es offensichtlich: Wer einmal im Aufzug steckengeblieben ist, der weiß, dass nichts wichtiger ist als sehr rasche, kompetente Hilfe. Deshalb hat der Aufzughersteller sein Servicenetzwerk unter anderem mit KI-Technologien ausgebaut, sodass nicht nur Servicetechniker bei Störungen schneller vor Ort und bereits vorab über mögliche Ursachen informiert sind. Nun können bereits Frühwarnzeichen für mögliche bevorstehende Ausfälle intelligent erkannt und per automatisch erzeugten Wartungs-Tickets sichtbar gemacht werden. So könnte künftig die ungeplante Unterbrechung zur unwahrscheinlichen Seltenheit werden. Darüber hinaus ließen sich die Art und das Erlebnis der Beförderung immer besser an die hohen Erwartungen der Kunden anpassen. In Zeiten der zunehmenden Urbanisierung werden Gebäude immer höher und anspruchsvoller gebaut und die Menschen mehr denn je auf eine zuverlässige und effektive vertikale Beförderung vertrauen wollen. Daraus hat Kone die Schlussfolgerung gezogen: Im Wettbewerb wird derjenige Anbieter vorne sein, der seinen Kunden die verlässlichste und beste Erfahrung in Beförderung und Service bieten kann. „Reason why” in Reinkultur.

Frank Engelhardt ist Vice President Enterprise Strategy bei Salesforce


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  3. Transformation der Unternehmenskultur

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