Eigentlich hat Huawei also einige Gründe zur Freude – über der Zentrale in Shenzhen brauchen sich aber schon seit längerer Zeit Wolken zusammen. Der Hersteller ist zum beliebten Ziel auf dem politischen Parkett geworden. Seit Mitte des letzten Jahres haben US-Präsident Donald Trump und seine Regierung Huawei zusammen mit anderen chinesischen Anbietern auf die sogenannte »Entity List« gesetzt. Diese schränkt den Handel US-amerikanischer Anbieter mit den aufgeführten Unternehmen ein und setzt eine Genehmigung für diesen voraus. Ein drastischer Schritt und ein schwerer Schlag für Huawei. Immerhin muss der Smartphone-Hersteller aufgrund der Restriktionen bei künftigen Smartphone-Modellen komplett auf Googles Android verzichten, was vor allem außerhalb Chinas für viele Anwender einen wichtigen Kaufgrund streicht.
Die genauen Gründe für die Entscheidung der US-Regierung bleiben undurchsichtig. Sie wirft Huawei und auch ZTE seit Jahren vor, in Mobilgeräten und Netzwerkprodukten Spionage-Hintertüren einzubauen, spricht von einer »gefährliche Bedrohungen der nationalen Sicherheit«. Konkrete Beweise für die Anschuldigungen bleiben die USA jedoch bisher schuldig, auch wenn Experten in diesem Zusammenhang oftmals auf das 2016 in Kraft getretene Chinesische Internet-Sicherheitsgesetz verweisen, das lokale ICT-Anbieter prinzipiell dazu verpflichtet, mit der Regierung zusammenzuarbeiten und auf Anfrage Nutzerdaten herauszugeben. Huawei weist die Vorwürfe jedoch von sich, verurteilt das Vorgehen der US-Regierung als »politisch motiviert«, »unfair« und kritisiert, dass es nichts mit der nationalen Sicherheit zu tun hätte. »Diese Handlungen verletzen die Grundprinzipien des freien marktwirtschaftlichen Wettbewerbs. Sie sind in niemandes Interesse, auch nicht in dem von US-Unternehmen«, so ein offizielles Statement.
Statt den Schritt rückgängig zu machen, hat die US-Regierung die Restriktionen aber noch verschärft, vor allem, um den Zugang des ICT-Konzerns zu Chips aus internationaler Produktion zu kappen. Betroffen sind dabei nicht mehr nur amerikanische Produkte, sondern auch Halbleiter, die mithilfe von US-Software produziert wurden. Sprich: Selbst europäische Anbieter können meist nicht mehr an Huawei liefern. Zwar produziert der Hersteller Komponenten wie Prozessoren einiger seiner Smartphone-Modelle mittlerweile selbst, allerdings ist man auch hier von internationalen Technologien abhängig.
Großbritannien schließt Huawei von 5G-Netz aus
Die Zeiten für Huawei sind alles andere als unkompliziert, das Unternehmen befindet sich mitten in einem politischen Spannungsfeld. Zu den Beschränkungen der US-Regierung kommt darüber hinaus der Fall der in Kanada festgesetzten Meng Wanzhou, Finanzchefin des chinesischen Konzerns, hinzu. Ihr wird von den USA Bankbetrug im Zusammenhang mit der Umgehung der Iran-Sanktionen vorgeworfen. Das vorläufig letzte Kapitel im Politkrimi ist jedoch die Entscheidung der britischen Regierung, Huawei komplett aus dem Ausbau der nationalen 5G-Infrastruktur auszuschließen. Ab Ende des Jahres dürfen keine neuen Komponenten des Herstellers mehr angeschafft werden, bis 2027 soll bereits erworbene Netztechnik wieder abgebaut werden.
Im vergangenen März warnte Huawei-Vorstand Eric Xu bereits, dass das »äußere Umfeld in Zukunft nur noch komplizierter werden« würde. Ein halbes Jahr später zeigt sich im Zuge der Verschärfung des Handelsrestriktionen, dass er Recht behalten sollte. Es seien ohne Frage große »Hürden für Huawei, die die Sanktionen mit sich bringen« würden, erklärt Huaweis stellvertretender Deutschland-Chef David Wang im Gespräch mit ICT CHANNEL. Es seien komplizierte, aber gleichzeitig auch kurzfristige Herausforderungen. Denn auf lange Sicht sehe Wang vor allem Chancen und habe keine Zweifel, dass der Hersteller die jetzige Situation überstehen wird. »Wir sollten aber als Unternehmen nicht für eine Politik bestraft werden, für die wir keine Verantwortung tragen.«
Wang will etwaige Bedenken dennoch offen adressieren. Er verweist unter anderem auf die Untersuchungsergebnisse des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). BSI-Chef Arne Schönbohm bekräftigte im vergangenen Jahr mehrmals, dass die Security-Experten bisher keinen Hinweis auf Hintertüren in Huawei-Technik gefunden hätten. Zudem warnte er vor einer pauschalen Verurteilung und einem Ausschluss auf Basis einer politischen Entscheidung. »Wenn allein politisches Vertrauen die Grundlage für Investitionsentscheidungen sein soll, dann zerstören wir die Arbeitsteilung, die wir in der Welt haben, die Grundlage unseres volkswirtschaftlichen Wohlstands«, so Schönbohm gegenüber »Frankfurter Allgemeine Zeitung«.