Hilfe, mein Telefon schummelt!

VoIP-Anwendungen überraschen durch nicht dokumentierte Schummel-Features

18. November 2013, 16:09 Uhr | Prof. Dr.-Ing. Gerd Siegmund und Mathias Hein

Fortsetzung des Artikels von Teil 3

VoIP-Endgeräte im Test

Bei Tests im Auftrag des VAF wurde mithilfe des Packet-Raptors jetzt festgestellt, dass sich die VoIP-Telefone und Softphones verschiedener Hersteller nicht alle gleich verhalten. Die Veröffentlichung des detaillierten Abschlussberichts ist für Anfang 2014 angekündigt. Doch wichtige Ergebnisse wurden schon bekannt gegeben: Es gibt absolut standardkonforme Telefone (ja, diese Verhalten sich entsprechend der in den Standards festgeschriebenen Grenzen), die den Benutzer jeden Paketverlust durch entsprechende Übertragungslücken hören lassen. Andere VoIP-Endgeräte lassen sich etwas „Spezielles“ einfallen und überdecken so das fehlende Paket. Mit Hilfe einer „Verschleierungstechnik“ werden sozusagen die Netz- oder Jitter-bedingten Paketverluste kaschiert. Die Paketverluste kommen somit für den Benutzer nicht spürbar am Lautsprecher an. Dieses Verhalten ist jedoch in keinem internationalen Standard spezifiziert und die Hersteller machen keine Angaben (herstellerspezifisches Feature) zu dem Verhalten bei Paketverlusten.

Bei den Tests mit dem Packet-Raptor und unterschiedlichen VoIP-Endgeräten ergaben sich folgende Erkenntnisse:

  • Bei manchen (auch teuren) VoIP-Endgeräte namhafter Hersteller hörte man bereits geringem Paketverluste
  • Andere VoIP-Endgeräte verschleiern die Paketverluste sehr gut
  • Es gibt VoIP-Endgeräte, die Paketverluste zu verdecken versuchen, diese jedoch durch mangelhafte Fehlerbehebungsalgorithmen nur bedingt schaffen
  • Es gibt VoIP-Endgeräte, die bis zu 15 Prozent Paketverlust völlig verdecken und auch unter diesen Fehlerbedingungen noch eine hervorragende Verständigung für deren Benutzer bieten

Was lernen wir aus diesen Tests? VoIP-Endgeräte verhalten sich bei Netzwerkfehlern nicht alle gleich. Da die Hersteller keinerlei Angaben zu dem Verhalten ihrer Geräte bei Paketverlusten machen, ist eine Vorhersage des Geräteverhaltens nicht möglich. Selbst bei unterschiedlichen Gerätevarianten des gleichen Herstellers können sich unterschiedliche Verhaltensmuster zeigen. Man stelle sich vor, man installiert im Unternehmen eine Grundausstattung der ersten VoIP-Lösung. Alles hört sich „prima“ an und die Nutzer sind hoch zufrieden mit der VoIP-Anlage. Ein halbes Jahr später werden weitere Teile des Unternehmens auf VoIP migriert. Hierzu wird der gleiche VoIP-Telefontyp (meist anderer Software-Stand) oder ein anderes (neueres und natürlich besseres) Telefon des gleichen Herstellers bestellt. Nach der Installation der neuen Telefone stellt man fest, dass diese irgendwie anders reagieren und die Sprache schlechter übermitteln als die „alten“ VoIP-Endgeräte. Auf welche Fehlerursache tippt ein ITK-Spezialist bei einem solchen Endgeräteverhalten? Die Telefone funktionieren nicht richtig! Damit hat der ITK-Fachmann zwar Recht, aber die Fehlerdiagnose geht ins Leere. Ursache ist und bleibt immer noch sein „schlechtes“ Netz, welches wahrscheinlich erhebliche Jitter-Fehler und Paketverluste aufweist. Die „alten“ VoIP-Endgeräte kaschierten diese Fehler nur besser.

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  1. VoIP-Anwendungen überraschen durch nicht dokumentierte Schummel-Features
  2. Keine fehlerfreie Datenübertragung in der Praxis
  3. Störungen im Netzwerk künstlich erzeugen
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  5. Fazit
  6. Hintergrund: Packet-Raptor - Von Praktikern gewünscht

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