Die obersten europäischen Datenschützer stellen sich klar gegen die im geplanten Gesetz zum Schutz vor Kindesmissbrauch im Netz enthaltene Überwachung privater Chats. Die Experten befürchten, dadurch werde deutlich mehr Schaden als Nutzen angerichtet.
Der Gegenwind für die Pläne der EU-Kommission, mit einem neuen Gesetz zum Schutz vor der Verbreitung von Material zu Kindesmissbrauch (CSAM) im Netz auch die Überwachung privater Chats in Messengern zu ermöglichen, nimmt weiter zu. Jetzt haben sich auch der Europäische Datenschutzausschuss (EDPB) und der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS) in die Diskussion eingeschaltet und kritisieren die Entwürfe deutlich. „Der EDPB und der Europäische Datenschutzbeauftragte unterstützen zwar die Ziele und Absichten, die dem Vorschlag zugrunde liegen, äußern jedoch ernste Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf die Privatsphäre und die personenbezogenen Daten des Einzelnen“, so die Datenschützer in einem gemeinsamen Statement. Sie befürchten, dass die aktuell geplante Überwachung „mehr Risiken für Einzelpersonen und damit für die Gesellschaft im Allgemeinen birgt als für die Straftäter, die für die CSAM verfolgt werden“.
Besonders das geplante Durchbrechen der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung durch erzwungene Zugänge für die Ermittlungsbehörden ist den Experten ein Dorn im Auge. Damit werde eine wünschenswerte Absicherung des grundlegenden Rechts auf private Kommunikation weitgehend ausgehöhlt, argumentieren die Datenschützer. Eine derartige Massenüberwachung, etwa über KI-Lösungen zum automatischen Aufspüren von CSAM-Hinweisen, verstößt ihrer Ansicht nach nicht nur gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, sondern bietet zudem einige Möglichkeiten für Missbrauch. So könnten etwa einzelne Länder die Hintertüren unter dem Deckmantel des Vorgehens gegen CSAM leicht auch für anderweitige Überwachung europäischer Bürger nutzen. Und sogar für die Opfer birgt das geplante Modell neue potenzielle Risiken, weil sich die Täter unter Umständen Zugang zu ihrer privaten Kommunikation verschaffen könnten. „Vor diesem Hintergrund stellen der EDPB und der EDPS klar, dass eine Verhinderung oder Entmutigung der Verwendung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung die Rolle der Verschlüsselung im Allgemeinen ernsthaft schwächen würde“, warnen die Datenschützer deshalb eindringlich vor entsprechenden Eingriffen.