IT-Infrastruktur im Public Sector

Open-Source-Software als Alternative

4. Oktober 2021, 13:00 Uhr | Autor: Christian Knebel / Redaktion: Sabine Narloch
© Fotolia / Marek

Das Onlinezugangsgesetz und das Corona-Konjunkturpaket haben Ämtern und Behörden ihre Abhängigkeit von den großen IT-Anbietern vor Augen geführt. Die Bundesregierung möchte diese Situation beenden und steht mit einer Open-Source-Strategie in den Startlöchern.

Dass es im IT-Getriebe der öffentlichen Verwaltung knirscht, hat die pandemisch bedingte Ausnahmesituation deutlich gemacht: Software, die Anwender an bestimmte Hersteller bindet, erwies sich als unflexibel. Anpassungen waren kurzfristig oft nicht zu machen. Manche Probleme waren für die Bürger direkt spürbar: Der persönliche Kontakt zu den Mitarbeitenden in Behörden und Ämtern war eingeschränkt oder gar nicht möglich. Die Coronazeit hat der Digitalisierung und der Entwicklung von nutzerfreundlichen Anwendungen bereits einen Schub verliehen. Der Open-Source-Gedanke findet in Deutschlands Ämtern und Behörden dabei immer mehr Anklang.

An einigen Stellen ist es zwar durchaus unmöglich, die bestehende IT-Infrastruktur zu modernisieren, dennoch wird nach und nach auf allen Ebenen die Notwendigkeit hierfür erkannt. Die Herausforderung: Die derzeit eingesetzten Plattformen basieren auf geschlossenen Architekturen, proprietären Software-Elementen und spezifischen Programmiersprachen. Und die unterliegen technischen und lizenzrechtlichen Lock-Ins: Produkte und Lösungen sind an Anbieter und Dienstleister gebunden. Ein Wechsel ist in der Regel mit Kosten und weiteren Barrieren verbunden.

Mehr Unabhängigkeit mit offenen Systemen

Ein Weg hin zu einer flexiblen digitalen Verwaltung führt über die strategische Entscheidung für offene IT-Systeme. Die Bundesregierung arbeitet bereits an einer Strategie, um alternativen Software-Lösungen den Weg zu ebnen. Bund, Länder und Kommunen verfolgen dabei einen hybriden Ansatz: Alternative IT-Lösungen werden entwickelt, aber auch bestehende Verträge weitergeführt. Bundesbehörden sollen zumindest teilweise von Produkten von nicht-europäischen Firmen auf europäische Erzeugnisse umstellen. Ein Switch ist technisch machbar, aber dieser ist anspruchsvoll und nicht kurzfristig realisierbar. Für eine erfolgreiche Umsetzung ist ein neues Mindset in der Öffentlichen Verwaltung nötig – und das obwohl für viele Verwaltungsleiter Open-Source-Software (OSS) unbekanntes Terrain ist. Städte, Kommunen und Bundesländer signalisieren schon länger Interesse an der Nutzung von OSS. Die Open-Source-Strategie bringt nun auch diejenigen in Zugzwang, die sich bislang nicht an alternative Lösungen herantrauen.

Open-Source-Software als gangbarer Weg

Als Open-Source wird Software bezeichnet, deren Quelltext öffentlich ist und dadurch von Dritten eingesehen, geändert und genutzt werden kann. OSS ist auf die aktive Beteiligung der Anwender an der Entwicklung angewiesen. Für die Anzahl der Nutzer und Installationen bestehen keine Nutzungsbeschränkungen. Mit der Vervielfältigung und der Verbreitung von OSS sind außerdem keine Zahlungsverpflichtungen gegenüber einem Lizenzgeber verbunden. Es wird typischerweise nur die Weitergabe des Quelltextes gefordert. Open Source ist also ein Geben und Nehmen.

Fälschlicherweise wird oft angenommen, Open Source bedeute, die Software könne ohne Einschränkungen genutzt werden. Doch die Nutzung ist zumeist an bestimmte Bedingungen geknüpft, wenn auch nicht an finanzielle.

Für einzelne Behörden und generell für die gesamte Öffentliche Hand kann der Einsatz von Open-Source Vorteile bringen: Offene Systeme garantieren die Nachnutzung im Sinne des Credos „Public Money, Public Code“. Das heißt, andere Bundesländer können einmal entwickelte Lösungen adaptieren und weiterentwickeln. Diese Nachnutzung spart Zeit und Steuergeld bei der Umsetzung neuer Vorhaben und fördert Vielfalt und Sicherheit. Länder- und behördenübergreifender Austausch, arbeitsteilige Vorgehensweisen und Nachnutzungskonzepte tragen zudem zu einer schnellen Umsetzung bei und beschleunigen die Digitalisierung.

Open-Source-Lösungen sind dabei so sicher wie proprietäre Lösungen: Die Quellcodes sind für jeden einsehbar. Diese Transparenz sorgt für Sicherheit, denn die aktive Entwickler-Community erkennt Eindringlinge und Sicherheitslücken schnell.

Dass die Bundesregierung auf Hybridlösungen setzt, ist nachvollziehbar. Denn für eine erfolgreiche Umsetzung ist mehr nötig als die Einführung neuer Software: Große, im Voraus geplante Projekte sind nicht mehr zeitgemäß. Die Lösung liegt in einer agilen, dynamischen Arbeitsweise. Der Weg zu einer unabhängigen und zukunftsfähigen IT-Infrastruktur führt dabei über eine offene und modulare Software-Gestaltung. Diese basiert auf den fünf Prinzipien für digitale Souveränität. Zum Beispiel müssen Services an kommunale und lokale Fachverfahren und Basiskomponenten anbindbar sein. Dies gelingt mit offenen Standards, offenen Daten und offenen Schnittstellen. Und es braucht IT-Knowhow in den Behörden. Sie stehen vor der Aufgabe, ihr Personal für die Digitalisierung zu qualifizieren, um die nötige Steuerungs- und Umsetzungskompetenz für moderne IT-Lösungen aufzubauen.

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