ICT CHANNEL-Interview zum Bildungsmarkt

„Die Mittel sind vorhanden, werden aber nicht abgerufen“

21. April 2022, 8:57 Uhr | Michaela Wurm

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

„Die meisten Stolpersteine liegen in der Bürokratie"

ICT CHANNEL: Mit der Dtm group haben Sie bereits mehrere Projekte im Schulumfeld realisiert. Sie waren beispielsweise für den WLAN-Rollout an einem Berufsschulzentrum mit mehreren tausend Schülern verantwortlich. Was sind die größten Herausforderungen bei diesen Projekten?

Moll: In den konkreten Fällen hatten wir glücklicherweise sehr kompetente Ansprechpartner mit klaren Vorstellungen. Allgemein gesprochen muss ich aber sagen: Nur ein Bruchteil der Herausforderungen sind technischer Natur. Die meisten Stolpersteine liegen in der Bürokratie. Daran hat sich wenig geändert. Bis alle Entscheidungsträger an einem Tisch sitzen und gemeinsamen an einem Strang ziehen, können Monate vergehen. Mit der logischen Konsequenz, dass sich das gesamte Projekt immer und immer weiter verzögert. Ein anderes Thema sind die öffentlichen Ausschreibungen. Hier gilt leider nach wie vor, dass nicht zwingend die beste Technik, sondern das günstigste Angebot das Rennen macht. In der Folge werden viele, gut angedachte Projekte nur mit minimalen Standards realisiert. In meinen Augen wird das gesamte Projekt dadurch in eine falsche Richtung gelenkt: Weg vom Innovationsgedanken, hin zu einer kaufmännischen Entscheidung. Das ist weder nachhaltig noch zielführend. Ich würde mir daher wünschen, dass die Qualität stärker in den Fokus öffentlicher Ausschreibungen rückt.

 

ICT CHANNEL: Was muss sich ändern, damit die Digitalisierung an den Schulen weiter Fahrt aufnimmt?

Moll: Eine wichtige Stellschraube sind die Schulleiter und Lehrkräfte. Wenn dort der Wille zur Digitalisierung fehlt, wird auch nicht viel passieren. Umso mehr sind wir – Hersteller, Distributoren und Reseller – in der Pflicht, Berührungsängste zu nehmen, Interesse zu wecken und positive Anreize zu setzen. Kurzum: Wir müssen die Schulen vom Projekt der Digitalisierung überzeugen. Und natürlich müssen wir dann auch Schulungsangebote schaffen. Denn viele Lehrkräfte schrecken noch immer vor technischen Themen zurück. Hier sollten wir ansetzen und mit Schulungen und Anwendungsbeispielen aufzeigen, wie der Unterricht digitalisiert werden kann, welche Möglichkeiten die moderne Technik eröffnet und wie Lehrer und Schüler davon profitieren können. Denn eines ist klar: Soll die Digitale Schule ein Erfolg werden, müssen die Lehrer mit ins Boot. Ohne ihr Mitwirken wird es nicht funktionieren. Sie sind es, die gemeinsam mit den Schülern die Digitalisierung zum Leben erwecken.

 

ICT CHANNEL: Trotz Schulungsangeboten wird es einigen Lehrkräften schwerfallen, von jetzt auf gleich ihren kompletten Unterricht neu zu gestalten.

Moll: Niemand wird über Nacht seinen gesamten Lehrplan umstellen müssen. Vielmehr gilt es, digitale Inhalte Schritt für Schritt in den Unterricht einfließen zu lassen. Die Lehrerschaft muss die Freiheit haben, selbst entscheiden zu können, welche digitalen Mittel sie wann und wie verwenden möchte. Aber wir müssen diese Schritte gemeinsam mit den Schulen gehen und mit Trainings und Hilfestellungen begleiten, damit wir peu à peu das enorme Potenzial ausschöpfen können. Denn für sich genommen, ist auch die beste Technik nutzlos. Ich benötige kein WIFI 6, um eine PowerPoint-Präsentation an die Wand zu werfen. Und genauso wenig helfen mir teure Softwarelizenzen, wenn sie als digitale Leichen in digitalen Archiven verstauben. Bei Dtm haben wir den Anspruch, innovative Technologien zu bieten. Und wir wollen auch, dass diese Technologien und die damit verbundenen Möglichkeiten genutzt und in den Schulalltag integriert werden. Diesen Weg können wir unterstützen, gehen aber müssen ihn die Schulen – und die Lehrkräfte.

 

ICT CHANNEL: Vor einem Jahr waren Sie optimistisch, dass der „DigitalPakt Schule“ doch noch zu einer Erfolgsgeschichte werden kann. Sind Sie das immer noch?

Moll: Das bin ich. Die Fördergelder sind da, die Technik ist da und die Töpfe sind noch lange nicht ausgeschöpft. Allerdings dürfen wir nicht nur die Schulen in die Verantwortung nehmen, auch der ein oder andere IT-Dienstleiser sollte sich kritisch hinterfragen. Wir Im IT-Channel müssen unsere Anstrengungen intensivieren und den Schulen konkretere Hilfestellungen an die Hand geben. Und vor allem: Wir sollten nicht nur über Technik reden. Entscheidend ist der Nutzen. Generell bin ich der Meinung, dass die Digitalisierung momentan in eine hochinteressante Richtung geht. Die damit verbundenen Themen – zum Beispiel Virtual Reality – langfristig in Schulkonzepte zu integrieren und mit Lehrinhalten zu bereichern, ist eine spannende Aufgabe. Eine Aufgabe, die wir Schritt für Schritt mit den Schulen als Partner gehen sollten.

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