Vergaberecht bei öffentlichen Ausschreibungen

Gebrauchtsoftware muss berücksichtigt werden

2. August 2016, 10:28 Uhr | Lars Bube

Immer wieder versuchen Behörden und Unternehmen, bei Ausschreibungen für den Einkauf von Softwarelizenzen die Anbieter gebrauchter Software mit rechtswidrigen Methoden auszuschließen. Das soll jetzt ein Ende haben.

Jedes Jahr kaufen deutsche Behörden Softwarelizenzen im Wert von mehreren Hundert Millionen Euro. In vielen Fällen könnten sie dabei enorme Summen sparen, wenn sie auf gebrauchte Lizenzen zurückgreifen würden. Trotz der chronisch klammen Kassen vielen Kommunen, Kreise und Länder, wird diese bis zu 50 Prozent günstigere Option jedoch immer wieder kategorisch ausgeschlossen oer ignoriert. Großteils geschieht dies aus Unwissenheit, die zudem auch noch von einigen Herstellern und übergeordneten Behörden weiter geschürt wird. Auch vier Jahre nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) den Verkauf gebrauchter Software in einem Grundsatzurteil für rechtmäßig erklärt und der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil im nationalen Recht präzisiert hat, ist diese Rechtslage offenbar noch immer nicht in allen Unternehmen und Amtsstuben angekommen. Noch immer kommt es deshalb bei Ausschreibungen für den Einkauf von Standardsoftware regelmäßig vor, dass die Anbieter von gebrauchter Software über kaum zu erfüllende Bedingungen aussortiert werden. Dass diese Praxis allerdings oft nicht rechtens ist und dabei teilweise mit unlauteren Mitteln gearbeitet wird, zeigt ein Präzedenzfall aus Nordrhein-Westfalen.

Der Kreis Steinfurt hatte einen Auftrag zur Anschaffung von über 1.500 Lizenzen für das Softwarepaket Office 2016 ausgeschrieben. Ähnlich wie dies auch in anderen öffentlichen Ausschreibungen zu beobachten ist, wurden die Ausschreibungsbedingungen mit Bezug auf einen Rahmenvertrag zwischen dem Bundesministerium des Inneren (BMI) und Microsoft so stark auf einen so genannten »Select-Plus«-Vertrag eingegrenzt, dass dafür letztlich nur die zwölf hiesigen Large Account Reseller (LAR) in Frage gekommen wären. Der Gebrauchtsoftwarehändler Soft & Cloud wehrte sich jedoch mit einer Rüge gegen diese übliche Praxis und stellte einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Westfalen. Mit Erfolg: Nach mehreren Anhörungen der beiden Seiten kassierte die Vergabekammer die in mehrfacher Hinsicht nicht der »Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen« (VOL) und dem »Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen« (GWB) entsprechenden Bedingungen des Kreises und verlangte eine neue Ausschreibung des Auftrags.

Damit bestätigten die Prüfer die stetige Kritik an solchen gebrauchte Software ausgrenzenden Ausschreibungen. In einem ähnlichen Fall hatte 2008, also noch vor den Urteilen des EuGH und BGH, schon die Vergabekammer Düsseldorf entschieden, dass es unzulässig ist, eine Ausschreibung ausschließlich auf Microsoft-Vertragshändler zu beschränken und ein diskriminierungsfreies, offenes Vergabeverfahren für die Beschaffung von Standardsoftware gefordert. Damit steht auch für die Vergaberechtsexpertin Dr. Claudia Nottbuschvon der Kanzlei Büsing, Müffelmann & Theye, die das Urteil für CRN kommentiert, fest, dass sich in Zukunft bei Ausschreibungen für Standard-Software einiges ändern muss.


  1. Gebrauchtsoftware muss berücksichtigt werden
  2. Unhaltbare Schein-Argumente
  3. Audit als Drohkulisse

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