Denkbar und durchaus wahrscheinlicher als ein Systemupgrade wäre somit etwa, dass Microsoft eine einstweilige Verfügung gegen die Shops erwirkt haben könnte. Insbesondere der reine Microsoft-Verkaufsstopp bei Lizenzfuchs scheint diese These zu stützen. Während die betroffenen Anbieter bei ihrer Version von Wartungsarbeiten bleiben, möchte der Softwarehersteller die aktuelle Entwicklung nicht kommentieren. Somit gibt es zwar keine offizielle Bestätigung, aber auch ein fehlendes Dementi kann in solchen Fällen oft ähnliches bedeuten. In der IT-Branche heißt es zudem, dass sich nach Microsoft in den letzten Monaten auch andere Softwarehersteller juristisch der betroffenen Händler angenommen hätten. Es könnte somit ebenso sein, dass einer von ihnen für den derzeitigen Verkaufsstopp verantwortlich zeichnet. Eine weitere Möglichkeit wäre darüber hinaus eine Unterlassungserklärung von einem anderen Händler.
Auch wenn selbstredend weiterhin die Unschuldsvermutung gilt, haben die drei Händler jedenfalls in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass es mit ihrer Glaubwürdigkeit nicht allzu weit her ist und sie es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Immer wieder hatten sie sich sowohl im Rahmen unserer Testkäufe als auch im weiteren Verlauf, etwa hinsichtlich der von Microsoft eingereichten Klage, in Widersprüche verheddert. Im vergangenen Jahr hatte ICT-Channel unter anderem bei Lizengo und Lizenzfuchs explizit als Neuware beworbene Produkte bestellt, darunter einige, die es so überhaupt nicht als neue Einzelplatzlizenz für Endkunden gibt. Tatsächlich hatten wir dann lediglich Aktivierungskeys mit ausführlichen Hinweisen auf die Rechtmäßigkeit gebrauchter Softwareverkäufe erhalten. Auf dem Lieferschein war jeweils ein Passus zu finden, nach dem die Produkte nicht bei Microsofts Produktidentifikationsdienst PID eingereicht werden sollten. Kein Wunder, bestätigte der PID bei den dennoch eingereichten Keys die Vermutung, dass damit aus seiner Sicht kein eindeutiges Nutzungsrecht erworben worden sei. Genauere Untersuchungen von Microsoft legten bei Lizengo und Lizenzfuchs gleichermaßen nahe, dass auch ein gebrauchter Weiterverkauf in vielen Fällen unwahrscheinlich sei, da beispielsweise als Bezugsquellen angegebenen Einrichtungen nichts von entsprechenden Softwareverkäufen wussten. Andere Keys wiederum stammten von Lizenzen, die ursprünglich außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht worden waren und die dort somit nicht weiterverkauft werden dürfen. Wieder andere Keys, insbesondere MAK, waren gleich an mehrere Kunden verkauft worden.
Was auch immer der Grund für die zumindest vorläufige Pause der drei Shops ist, zeigen die ersten Reaktionen aus dem Channel Freude über diese Entwicklung und die Hoffnung auf eine baldige abschließende rechtliche Klärung des Falls. Immerhin hatten nicht zuletzt zahlreiche Beschwerden aus dem Fachhandel uns auf die Spur für diese Recherchen gebracht. Vor allem nachdem Lizengo es geschafft hatte, Gutscheine für Microsoft-Keys bei Edeka zu platzieren. Wir bleiben auf jeden Fall für Sie am Ball und werden schon bald wieder Neues zu berichten haben. Denn auch abseits der drei genannten Onlineshops sind inzwischen bereits die nächsten Anbieter auf den Plan getreten sind, bei denen ganz ähnliche Verdachtsmomente hinsichtlich des Verkaufs von Keys ohne Nutzungsrechten vorliegen.