Interview

Colocation zwischen alter und neuer Welt

4. August 2016, 14:43 Uhr | Autor: Markus Kien

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Weitere Fragen

funkschau: Bei allen Vorteilen, birgt die große Entfernung zu Kunden, beispielsweise in Deutschland, nicht auch Probleme – Stichwort Latenz?

Kneschke: Natürlich liegen zwischen Deutschland und Island einige Kilometer. Allerdings hat Island eine hervorragende Anbindung über redundante Unterseekabel nach Europa. Die Frage ist jedoch, ob das der richtige Blickwinkel ist, denn: Daten sind nicht gleich Daten. Brauche ich denn bei Hochleistungsrechnern, die beispielsweise mit Genom-Analysen oder Wetterdaten gespeist werden, eine niedrige Latenz? Müsste die Frage nicht eher lauten: Welche Daten sind geschäftsentscheidend und zeitkritisch – sprich: Geht es stets um jede Millisekunde? Bei vielen Industrien und Sektoren mag das so sein, wie zum Beispiel beim Banking oder bei Buchungssystemen. Andere Anwendungen sind weniger zeitkritisch. Die Echtzeitfähigkeit bei den Anwendungen muss dementsprechend berücksichtigt werden. Insofern: Latenz ist auf jeden Fall gegeben, aber für welche Anwendungen und in welchem Maße?

Daher geht es eher um das Thema Disaggregation der Daten – welche müssen auf die Millisekunde auf den Punkt verfügbar sein, und welche sind nicht zeitkritisch, aber stromintensiv? Genau diese können mit viel Mehrwert ausgelagert werden – für mehr Nachhaltigkeit und Kosteneinsparungen.  

funkschau: Welche Zielgruppen adressieren Sie dann in erster Linie?

Kneschke: Ein Auslagern der Daten kann grundsätzlich für viele Unternehmen zweckmäßig sein – es kommt eben auf den jeweiligen Bereich an: Geht es um Kundendaten oder Simulationsberechnungen? Generell sprechen wir natürlich rechenintensive Anwendungen an. Dies kommt oft vor in Forschung und Entwicklung, Simulation, Filmindustrie, Automobilindustrie und ähnlichen Bereichen. Applikationen zum Beispiel für die Wettermodellierung sind nicht zeitkritisch, verlangen jedoch viel Strom, ebenso wie das Testen und  das Design in der Automobilindustrie eine hohe Ausfallsicherheit erfordern. Studien zufolge macht HPC (High Performance Computing) bis zu zehn Prozent des IT-Budgets aus, mehr als 30 Prozent davon müssen für die Stromversorgung und Kühlung von Rechenzentren aufgewendet werden. In solchen Fällen ist eine Auslagerung absolut sinnvoll.

funkschau: Und was bieten Sie diesen Kunden im Detail an?

Kneschke: Verne Global offeriert eine zweistufige Produktpalette: „Power Advance“ bietet volle Absicherung (2N) und Tier 3, für Anwendungen, die jederzeit und rund um die Uhr zur Verfügung stehen müssen. Mit „Power Direct“ gibt es nochmal eine kostengünstigere Alternative. Insofern unterstützen wir den Gedanken der Daten-Unterscheidung nach „mission critical“ und weniger riskanten oder zeitkritischen Applikationen. Die geografische Unterscheidung erfolgt also in zweierlei Hinsicht: Wir ermutigen CIOs, ihre Daten nach Wichtigkeit und Stromintensivität für eine mögliche Auslagerung in ein Land mit günstigeren und grünen Energiequellen zu aggregieren. In einem zweiten Schritt bieten wir dann innerhalb unseres Campus eine noch feinere Unterscheidung nach Tier 3 mit höchster Ausfallsicherheit oder weniger als Tier 3 für unkritischere Daten. Daneben vermitteln wir natürlich Partner für die aktiven Komponenten vor Ort. Der Kunde muss nichts mitbringen – außer seinen Daten.    

funkschau: Abschließend zu den Expansionsplänen im europäischen und insbesondere im deutschen Markt. Wie stellt sich Verne Global auf?

Kneschke: Wir bauen zurzeit unser Vertriebsteam in Deutschland auf. Meine Kollegen und ich sind viel auf den einschlägigen Messen und Konferenzen unterwegs. Dabei ist Deutschland für uns ein Schwerpunkt und zugleich eine Herausforderung: Deutsche sind sehr gut informiert, das Thema Green-IT steht schon seit einigen Jahren auf der Agenda. Andererseits spielt das Thema Datenschutz eine größere Rolle als in anderen Ländern. Wir haben schon einige große Kunden aus Deutschland, wie zum Beispiel BMW, gewinnen können und freuen uns auf den Dialog mit weiteren potenziellen Kunden. 

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